Ein 49-jähriger Mann schiesst im Berner Oberland wild um sich und terrorisiert seine Nachbarn. Ein 16-jähriger tötet im Aargau mit dem vermeintlich ungeladenen Karabiner seines Vaters einen gleichaltrigen Kollegen. Waffenhändler in der Schweiz verkaufen Dutzende von Präzisionsgewehren, die für den Krieg in Kosov@ bestimmt sind und für die es keine Kaufbewilligung braucht. Die Armee verschenkt jedes Jahr 8000 Armeewaffen an abtretende Wehrmänner dass Waffen in der Schweiz so leicht zugänglich sind, daran hat auch das neue Waffengesetz nichts geändert, das seit Anfang 1999 in Kraft ist. Im Gegenteil: Auch dieses Gesetz strotzt vor Lücken und quillt über an Ausnahmebestimmungen. Der Handel mit Schusswaffen unter Privaten bleibt unkontrolliert, Armeewaffen können praktisch frei erworben werden.
Der Bundesrat reagiert paradox: Als ob der Handel mit Waffen, Kriegsgerät und strategischen Gütern ein Geschäft wie jedes andere wäre, hat er die Klagen der beteiligten Firmen über zuviel Papierkram erhört und diesen Herbst ein Paket zur Deregulierung der Gesetze über Waffen, Kriegsmaterial, Dual-Use-Güter und Sprengstoffe geschnürt. Gegen die reine Streichung von Doppelspurigkeiten lässt sich nichts einwenden, aber die stossendsten Lücken in diesen Gesetzen müssen geschlossen werden, verlangen die Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle (ARW), amnesty international und weitere Organisationen in ihren Stellungnahmen. Das Deregulierungspaket kommt nächstes Jahr ins Parlament. Bei seiner Behandlung bietet sich die Chance, etwas gegen künftige Waffenskandale und Amokläufe zu tun.
Auf internationaler Ebene geht die Schweiz voran in den Bestrebungen zur Eindämmung der Verbreitung und des Handels mit Kleinwaffen, mit denen in den heutigen Kriegen 90 Prozent der Opfer getötet werden: Die UNO-Generalversammlung wird noch im Dezember 1999 beschliessen, dass im Sommer 2001 eine internationale Konferenz in Genf stattfinden soll, an der die vielfältigen internationalen Bestrebungen zur Eindämmung der Kleinwaffen gebündelt und umfassend angegangen werden. Diese vielversprechende Initiative der Schweiz hat in der UNO eine breite Unterstützung erhalten. Die Kampagne der internationalen Zivilgesellschaft, koordiniert im Aktions-Netzwerk zu Kleinwaffen IANSA, fordert von den Regierungen griffige Massnahmen ein.
Auch die Schweiz darf sich nicht darauf beschränken, von den anderen die Einschränkung von Kleinwaffen zu verlangen, sondern sie muss die eigene Politik und Gesetzgebung verbessern, damit der Zugang zu Schusswaffen deutlich erschwert wird. Damit würde ein Schritt präventiver Abrüstung getan. Wenn in der Schweiz weniger Waffen verfügbar sind, dann bringt das mehr Sicherheit für Menschen in entfernten Konfliktgebieten, aber auch für uns selbst.
*Toni Bernet ist Sekretär der friedenspolitischen Initiativen und der Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle (ARW).Inhaltsübersicht | nächster Artikel |