Menschenrechte werden in der Schweiz allzu oft als etwas für ferne Länder betrachtet, ohne zu überlegen, ob wirklich jede Person hier im Lande Zugang zu den garantierten Grundrechten findet. Rechte haben ist eines, Recht bekommen leider sehr oft etwas ganz anderes.
Besonders betroffen sind die "Sans Papiers", Personen ohne reguläre Aufenthaltsbewilligung. Versuchen sie, zum Recht zu kommen, riskieren sie alles: Ihnen droht die Staatsgewalt und die umgehende Ausschaffung. Vom Subjekt einer zivilisierten Gesellschaft werden sie zum Objekt der Politik. Selbstbestimmung und Freiheit fallen dahin. Die Wahrung ihrer Würde wird zugunsten der Staatsräson massiv verletzt. Die deklarierte "Illegalität" wird als Vorwand benutzt, um den Zugang zum Recht stark zu relativieren.
Auch Menschen mit eingeschränkten Rechten wie GefängnisinsassInnen, PsychiatriepatientInnen, Fahrende sind auf eine einfache, nachvollziehbare Möglichkeit des Zugangs zum Recht angewiesen.
Einzelne kantonalen oder städtischen Ombudsstellen übernehmen einen Teil dieser Aufgabe. Nicht alle Fragen sind aber auf lokaler Ebene angesiedelt. Deshalb muss eine eidgenössische Ombudsstelle für Menschenrechte geschaffen werden. Als Türe zum Recht einerseits, als Antrieb für die Verbreitung des Bewusstseins für die Menschenrechtsfragen andererseits. Eine am Menschenrechtstag 1998 beim Nationalrat eingereichte parlamentarische Initiative soll die nötige Basis dazu schaffen.
Nach den schönen Reden zum 50. Jubiläum der Menschenrechte fehlt ein konkretes Zeichen der Umsetzung als Wegweiser für eine gestärkte Bewegung. Menschenrechte sind nicht zum Nulltarif zu haben. Das Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA hat Konditionalitäten als Grundsätze für die Entwicklungszusammenarbeit formuliert. Diese Grundsätze gewinnen an Glaubwürdigkeit, wenn es der Schweiz gelingt, ihre eigene Politik der Grundrechte stetig zu entwickeln und zudem gegen jegliche Form der Ausgrenzung wirksame Massnahmen zu beschliessen. Grundrechte sind für die ganze Bevölkerung eine Herausforderung, weil sie Teilhabe aller Menschen voraussetzen. Dieses Bewusstsein muss noch entwickelt werden. Auch in der Schweiz.
Angéline Fankhauser ist SP-NationalrätinInhaltsübersicht | nächster Artikel |