Sind die Marcos-Millionen bereits verteilt?

Geheimdiplomatie zwischen VerhandlungspartnerInnen, gegenseitige Verunglimpfungen der Anspruchsberechtigten und Instrumentalisierung der Folteropfer begleiten den Konflikt um die Verteilung der Marcos-Gelder. Zur Aufteilung der Gelder existieren gleich zwei konkrete Pläne. Lediglich der hartnäckige Widerstand verschiedener AkteurInnen verhinderte bisher, dass Präsident José "Erap" Estrada sein über die Presse angekündigtes "Weihnachtsgeschenk" an die Angehörigen der Folteropfer ausbezahlen kann.1 Der Streit um die Marcos-Gelder beeinflusst aber auch die nur schleppend vorankommenden Friedensverhandlungen zwischen der philippinischen Regierung und den kommunistischen Rebellen.

Von Matthias Drilling*

Im Dezember 1997 ermöglichte das schweizerische Bundesgericht in seiner Grundsatzentscheidung die Überweisung der seit über 10 Jahren auf Schweizer Banken eingefrorenen rund 570 Millionen Dollar des ehemaligen Diktators Ferdinand Marcos. Als "bahnbrechend" wurde das Urteil bewertet, weil erstmals in der schweizerischen Rechtsgeschichte die Rückführung von Potentatengeldern mit Auflagen verbunden wurde.2 Faktisch bedeuteten diese Auflagen, dass die Überweisungen aus der Schweiz erst dann erfolgen, wenn die philippinische Regierung den 9539 Anspruchsberechtigten, denen 1995 vom amerikanischen Bundesgericht eine Summe von insgesamt 2,1 Milliarden Dollar zugesprochen wurde, eine (in ihrer Höhe nicht definierte) Entschädigung garantiert. Bei allfälligen Zweifeln behält sich – so das Urteil – die Schweiz vor, die UNO-Ausschüsse anzurufen, um die philippinische Regierung wegen Verletzung der Verpflichtungen des UNO-Pakts II (Sicherung der politischen Rechte und Menschenrechte) zu verurteilen.3 Noch im gleichen Monat akzeptierte die Regierung Fidel Ramos die Auflagen und ermöglichte damit die Überweisung von den Konten der Credit Swiss und des Schweizerischen Bankvereins.4

… und die Reaktionen in Manila

Kaum erreichte das Urteil aus Lausanne die Philippinen, meldeten sich mehrere Parteien zu Wort, die bei der Aufteilung der Gelder mitreden wollten. Um die weiteren Vorgänge besser zu verstehen, lohnt es sich, die AkteurInnen vorab zu identifizieren. Die wichtigsten Parteien sind im einzelnen:

• Die philippinische Regierung, seit den Präsidentschaftswahlen vom Mai 1998 vertreten durch ihren Präsidenten José "Erap" Estrada, (Vorgänger: Fidel Ramos).

• PCGG, die von der früheren Präsidentin Corazon Aquino geschaffene "Presidential Commission on Good Government", deren Aufgabe die Rückführung der Marcos-Gelder ist und die somit die Interessen der Regierung vertritt.

• CLAIMANTS 1081, eine Organisation ehemaliger Folteropfer, die mit dem amerikanischen Anwalt Robert Swift (der entschied die Sammelklage zugunsten der Folteropfer in den USA) zusammenarbeitet, und deren Präsidentin Loretta "Etta" Rosales seit Mai diesen Jahres das linke Bündnis Akbayan im Repräsentantenhaus vertritt.

• SELDA, eine zweite Organisation ehemaliger Folteropfer, deren Einfluss in den vergangenen Jahren zwar schwand, allerdings durch die derzeit laufenden Friedensverhandlungen zwischen der Regierung und der ehemaligen Untergrundbewegung National Democratic Front NDF wieder gestärkt wurde.

• CPP, die Kommunistische Partei der Philippinen, mit ihrem militantpolitischen Arm "National Democratic Front" (NDF) und ihrer maoistischen Guerillabewegung "New Peoples Armee" (NPA), die den gesamten Widerstand während der Diktatur organisierte. Noch immer aktiv – auch im bewaffneten Widerstand – hat es ihr geistiger Führer, José Maria Sison, in der Vergangenheit geschickt verstanden, alle Friedensgespräche mit der philippinischen Regierung von Zugeständnissen in Sachen Marcos-Vermögen abhängig zu machen.

• Die Familie Marcos (insbesondere Witwe Imelda Marcos und Sohn Bobong) sowie ihre Verbündeten ("Marcoscronies"). Diese sind entweder selbst Senatsmitglieder oder haben weitreichende Beziehungen. Sie alle behaupten, das Marcos-Geld sei rechtmässig verdient und gehöre daher vollumfänglich der Familie Marcos.

• Verschiedene VertreterInnen von Ministerien, wie der Vorsitzende des Ausschusses für Landreform im Landwirtschaftsministerium Horacio "Boy" Morales. Diese Personen melden sich zu unterschiedlichen Zeiten über Rundfunk und Presse, um Vorschläge zu unterbreiten, wie die 570 Millionen Dollar auch noch verteilt werden könnten.

Estrada wärmt die 75:25-Lösung auf

Bereits Fidel Ramos, der Vorgänger des jetzigen Präsidenten Estrada, war daran interessiert, über das zu diesem Zeitpunkt noch in der Schweiz gesperrte Geld möglichst schnell verfügen zu können. Langjährige – zumeist unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführte – Verhandlungen zwischen Regierung und Familie Marcos gipfelten im Jahre 1995 in einem Geheimvertrag, der eine Aufteilung der Gelder im Verhältnis von 25 zu 75 % vorsah.5 Danach sollte die Familie Marcos mit 25 % der Summe entschädigt werden, wenn sie freiwillig auf ihren Besitzanspruch verzichtet. Weiterhin wurde ihr die völlige Immunität, die Einstellung des Strafverfahrens gegen sie sowie die Rückgabe aller Vermögenswerte im In- und Ausland (einschliesslich der Immobilien, des Schmucks etc.) versprochen. Auch die Folteropfer kamen in diesem Dokument zur Sprache: Sie sollten mit insgesamt 50 Millionen Dollar abgespiesen werden. Erst in letzter Minute wurde dieser Deal aufgedeckt. Kaum im Amt, nahm Präsident Estrada – dem viele vorwerfen, er sei eine Marionette der Marcos-AnhängerInnen – die Gespräche mit der Familie des Diktators wieder auf. Jaime Kardinal Sin, Erzbischof von Manila, gab in einer Predigt die Stimmung in der Bevölkerung wider: "Ich bin besorgt über die Leichtigkeit, mit der mit den ehemaligen Plünderern unserer Nation verhandelt wird. Geld ist nicht das Ende von allem." Mit den Worten "Ist unsere Nation derart arm an spirituellen und moralischen Werten, dass wir Personen in Schlüsselpositionen wählen, die einen zweifelhaften Charakter haben?" zielte der Erzbischof auf Präsidenten Estrada und seine Sympathisanten.6 Auch die Kongressabgeordneten reagierten auf Estradas Alleingang und überreichten ihm eine Petition, in der sich 113 der 221 Abgeordneten dafür ausprachen, der Präsident solle mehr Engagement bei der Strafverfolgung von Imelda Marcos zeigen statt einen ausserparlamentarischen Vergleich anzustreben.7

Suche nach dem Marcos-Gold

Zeitgleich zu Estradas Bemühungen beschäftigte sich die zur Rückführung der Marcos-Gelder bereits von Präsidentin Aquino 1984 eingesetzte "Presidential Commission on Good Government" (PCGG) mit der Frage. Lehnte bis zum Entscheid von Lausanne deren damaliger Vorsitzender Magtanggol Gunigundo eine Kooperation mit den Folteropfern kategorisch ab, ist sein Nachfolger Felix de Guzmann erneut ungeheurem Druck ausgesetzt: Nicht nur, dass Präsident Estrada Verhandlungen ohne die PCGG führt, er hat auch bereits angekündigt, die Kommission in einem Jahr aufzulösen. Um Anerkennung ringend, startete de Guzmann populistische Aktivitäten: Er setzte die Versteigerung von sieben Villen des ehemaligen Diktators ebenso durch wie den Verkauf von dessen Mehrheitsbeteiligungen an den Konzernen "Manila Electric" und "Eastern Telecommunications" (beide Unternehmen gehören zum beschlagnahmten Marcos-Besitz). Erlöse im Gesamtwert von rund 6 Milliarden Peso (ca. 125 Millionen Dollar) sollen dadurch erzielt werden.8 Weiter verstärkte de Guzmann die Suche nach dem legendären Marcos-Gold (das Gerücht spricht von rund 13 Milliarden Dollar), das in der Vergangenheit immer wieder an verschiedenen Orten in der Welt "entdeckt" wurde – zuletzt im Zoll-freilager des Flughafens Kloten.9 Selbstverständlich antworteten Imelda Marcos und Sohn Bobong mit scharfen Worten: Imelda sei zwar zu 12 Jahren Gefängnis verurteilt worden, was aber noch lange kein Beweis dafür sei, dass das Eigentum unrechtmässig erworben worden sei; ausserdem sei das Einspruchsverfahren gegen den Gerichtsentscheid noch pendent. Insbesondere beim Verkauf der Immobilien und Beteiligungen hat sich de Guzmann einen strategisch geschickten – aber leicht zu durchschauenden Schachzug – überlegt: Er bot der Familie Marcos an, die Immobilien für einen Betrag von 125 Millionen Dollar zurückzukaufen, was jenen 25 % entspricht, die die Marcos-Familie aus dem Schweizer Vermögen höchstens erwarten darf.10

Die Friedensverhandlungen

Es war ausdrückliches Ziel des früheren Staatspräsidenten Ramos, mit allen noch militärisch agierenden Gruppierungen bis zum Ende seiner Amtszeit ein Friedensabkommen zu ratifizieren. Doch die Verhandlungen mit der "National Democratic Front" (NDF), einem der politischen Arme der Kommunistischen Partei der Philippinen (CPP), gestalteten sich als äusserst schwierig, da ihre Verhandlungsführer keinen tatsächlich eigenständigen Handlungs- und Entscheidungsspielraum haben. Alle Verhandlungen mit der NDF werden in Holland geführt, wo José Maria Sison, Gründer der CPP und Organisator des Widerstands während der Marcos Diktatur, im Exil lebt. Es ist Sisons Verdienst, die Ansprüche der Folteropfer überhaupt zum Thema gemacht zu haben. Er war auch massgeblich am Zustandekommen der 2,1 Milliarden Dollar hohen Entschädigung beteiligt, die der amerikanischen Anwalt Robert Swift 2,1 Milliarden Dollar vor dem US-Bundesgericht bewirkt hat. Doch in den folgenden Jahren sah sich Sison immer weniger in der Lage, Einfluss auf Swifts Verhalten vor Gericht und in der Öffentlichkeit zu nehmen und es kam zur Trennung. Seither instrumentalisiert Sison die Friedensverhandlungen, um eine Entschädigung der Folteropfer nach seinen eigenen Vorstellungen zu erreichen. Die Verhandlungen kamen 1997 ins Stocken, als die philippinische Regierung nicht bereit war, einen Passus in einem Vorvertrag zu akzeptieren, der die NDF, vertreten durch die Organisation SELDA, ermächtigt hätte, über die Verwendung von "mindestens 150 Millionen Dollar der Marcos-Gelder" zu bestimmen.11 Erst im Februar 1998, nach der Ausarbeitung einer Kompromissformulierung, war der Vertrag zur Unterschrift bereit. Doch auch die neue Formulierung erlaubte es der NDF, wieder aktiv Einfluss auf das Verfahren zu nehmen: Artikel 5 des Vertrages sieht vor, dass im Falle eines gerichtlichen Verfahrens ausserhalb der USA die Folteropfer einen Anwalt zu benennen haben, der sie vertritt. Die Reaktion von Robert Swift blieb nicht aus: Ebenfalls im Februar 1998 wandte er sich gemeinsam mit seinem philippinischen Partner Rodrigo Domingo Jr. an den philippinischen Justizminister und stellte klar, dass nur sie beide die Zulassung der US-Behörden hätten, die Folteropfer zu vertreten.12 Damit wiederbelebte Swift einen alten Streit zwischen den Organisationen SELDA und CLAIMANTS 1081, die beide für sich in Anspruch nehmen, die Folteropfer zu vertreten.

Die Spaltung der Linken und die Folgen für die Folteropfer

Die Konflikte zwischen SELDA und CLAIMANTS 1081 ist vor dem Hintergrund der politischen Umwälzungen zu Beginn der 90er Jahre zu sehen. Im Grundsatzpapier zum 23. Gründungstag der Kommunistischen Partei der Philippinen forderte CPP-Führer José Maria Sison – der weltweiten Legitimationskrise kommunistischer Herrschaften zum Trotz – eine bedingungslose Rückbesinnung auf maoistische Prinzipien. Gleichzeitig machte er die Mitglieder von weitgehend eigenständig agierenden Regionalgruppen der CPP für zahlreiche Fehlentwicklungen verantwortlich.13 Dies führte in den folgenden Jahren zu einer Spaltung innerhalb der kommunistischen Partei, die bis heute besteht: Auf der einen Seite stehen jene, die weiterhin die starren maoistischen Prinzipien der CPP und damit Sison als "den Führer" (wie er sich selbst bezeichnet) anerkennen, auf der anderen Seite all jene, die für die linke Bewegung auf den Philippinen eine grundsätzlich demokratische Neuorientierung verlangen.14 Daraus resultierte 1994 die Abspaltung von CLAIMANTS 1081, die fortan mit dem amerikanischen Anwalt Robert Swift zusammenarbeiteten. Dieser Konflikt um den Vertretungsanspruch wird nun schon seit Monaten in der philippinischen Presse ausgetragen, wobei eher diffamiert als konstruktiv diskutiert wird.15

Zukünftige Herausforderungen

Die Krise um die Marcos-Gelder scheint auf den Philippinen ihren Höhepunkt erreicht zu haben. Wie sich die einzelnen Parteien sich in dem Verteilungskonflikt verhalten, wird einen wesentlichen Einfluss auf ihre zukünftige Rolle in der philippinischen Gesellschaft haben. Die Schlüsselfragen in den nächsten Monaten werden sein:

• Welcher Betrag wird es tatsächlich sein, der von den aus der Schweiz transferierten Geldern den Folteropfern zugedacht wird? Es gibt keine Begründung, warum es 30 % des Gesamtbetrags sein sollen, wie es CLAIMANTS oder SELDA fordern. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, wann auf den Philippinen die von der Schweiz verlangten Rechtsverfahren zur Entschädigung eingeleitet werden und wie dieses Verfahren konkret ausgestaltet wird. Keinesfalls kann der Betrag per Präsidialdekret definiert werden.

• Welche Rolle spielen die Folteropfer im weiteren Verteilungsprozess? Bisher werden sie von allen Parteien zur Erreichung eigener Ziele instrumentalisiert. Sowohl SELDA als auch CLAIMANTS 1081 haben in den vergangenen Monaten Unterschriftenaktionen bei Folteropfern und ihren Angehörigen durchgeführt, um sich zu legitimieren.

• Werden in einem philippinischen Entschädigungsverfahren auch solche Opfer berücksichtigt, die nicht auf der offiziellen Liste des amerikanischen Bundesgerichts verzeichnet sind? Die bestehende Liste ist stark "Manila- bzw. Luzonzentriert" ist, denn nur sehr wenige Opfer der Marcos-Diktatur, die von der Insel Mindanao stammen, haben seinerzeit von der Einschreibefrist in Amerika erfahren.

• Können die zwei konkurrierenden Organisationen SELDA und CLAIMANTS 1081 in bestimmten Bereichen kooperieren um ihre Verhandlungsposition gegenüber Regierung und Familie Marcos zu stärken? Diese Frage ist eng verknüpft mit der Frage nach der Einigung der Linken auf den Philippinen. Einzig SELDA-Geschäftsführerin Marie Hilao-Enriquez bemerkte in einem offenen Brief, dass eine Vereinigung der beiden Organisationen wünschenswert sei.16

• Wie lange kann sich José Maria Sison leisten, die Friedensverhandlungen mit der Regierung mit der Frage nach Entschädigung der Folteropfer zu verknüpfen? Es gilt heute als sicher, dass sich innerhalb der Kommunistischen Partei eine erneute Spaltung vollzieht. Dies würde die Rolle Sison's im gesamten Verhandlungsprozess (Marcos-Gelder und Friedensverhandlungen) deutlich schwächen.

• Welche Rolle wird die Schweiz – als das Land, deren Banken Jahrzehnte die Familie Marcos hofierte – im zukünftigen Prozess spielen? Im Eidg. Departement für äussere Angelegenheiten verfolgt man zwar die Streitigkeiten "sehr aufmerksam", hofft aber, "dass diese [beiden Parteien] bald zur Einsicht gelangen, dass eine rasche Beilegung dieser Differenzen in ihrem gemeinsamen Interesse liegt."17 Wenn das Bundesgerichtsurteil auch quer durch alle politische Gruppierungen begrüsst wurde, so wird doch vermehrt nach einer verantwortlicheren Rolle der Schweiz – etwa als neutrale Vermittlerin – verlangt. Schliesslich stellt sich die Frage, unter welchen Voraussetzungen die Schweiz ihre Drohung, vor den Ausschüssen der Vereinten Nationen zu intervenieren, wahrnimmt.

150 Millionen Dollar für die Opfer und zwei Verteilungspläne

Es war Loretta Rosales, die Präsidentin von CLAIMANTS 1081, die im Februar 1998 in einer Presseerklärung erstmals einen konkreten Betrag im Zusammenhang mit den aus der Schweiz transferierten Geldern nannte: "Wir haben kalkuliert, dass eine faire Kompensation bei rund 150 Millionen Dollar liegt."18 Auch wenn Rosales keine Begründung für diesen Betrag liefern konnte, war SELDA damit herausgefordert und konterte im September 1998 mit einem Verteilungsplan, den die NDF in den Friedensverhandlungen konkretisierte. Dabei sind die Rahmenbedingungen klar: Es geht um die Entschädigung von 9539 Folteropfern, die sich zusammensetzen aus 5475 Personen, die an den Folgen der Folter leiden, 3184 Personen, die während der Marcos-Diktatur umgebracht wurden, und 880 Personen, die damals verschwunden sind.

Gemäss den Vorstellungen von SELDA sollen die Opfer in Abhängigkeit des Grades ihrer physischen Schädigungen mit zwischen 0,5 Mio Peso (rund 12 000 Dollar; für die Gefolterten) und 3,5 Millionen Peso (etwa 80 000 Dollar; für die Exekutierten) abgefunden werden.19 Die einzige Ausnahme macht SELDA für die Person José Maria Sison, der – obschon noch am Leben – aus der Kategorie "Gefolterte" in die Kategorie "Exekutierte" eingeordnet wurde.

Eine Reaktion von CLAIMANTS 1081 war somit provoziert. Einerseits warf deren Anwalt Robert Swift der Regierung vor, den Frieden mit der NDF auf Kosten der Folteropfer zu erkaufen, andererseits bezeichnete er Sison als Heuchler, der sich unrechtmässig bereichere. Die Öffentlichkeit reagierte derart empört, dass Estrada tags darauf dementierte, dieses Abkommen unterzeichnet zu haben20, worauf Sison seinerseits die Friedensverhandlungen als gescheitert bezeichnete.21 CLAIMANTS-Anwalt Swift selbst reiste noch im September nach Manila, um mit der Regierung eigene Verhandlungen zu führen. Auch er behauptet nun, einen "offiziellen" Verteilungsplan ausgehandelt zu haben. Dieser orientiert sich nicht am Grad der physischen Schädigung, sondern sichert jedem Folteropfer den gleichen Betrag von 770 000 Peso (rund 18 000 Dollar) zu.22

(md)

1 Philippine Daily Inquirer vom 12.9.1998.
2 Siehe z.B. Finanzplatz Informationen Nr. 1/1998; herausgegeben von Aktion Finanzplatz Schweiz.
3 Judgement by the Swiss Federal Supreme Court, 10. Dezember 1997 (1A.87/1997/err).
4 Siehe Drilling, Matthias (1998): Die Freigabe des Marcos-Geldes. Ein bahnbrechendes Urteil – aus wessen Sicht? In: Südostasien, Jg. 14, S. 79-82.
5 Eine Kopie dieses Dokumentes befindet sich im Archiv der Gruppe Schweiz-Philippinen.
6 Philippine Daily Inquirer vom 19.7.1998.
7 Philippine Daily Inquirer vom 12.8.1998
8 Philippine Daily Inquirer vom 8.8.1998.
9 Siehe Drilling, Matthias (1998): Swissgate oder Wahlkampfbluff. In: FriZ, Nr. 2/98, S.9.
10 Philippine Daily Inquirer vom 14.8.1998
11 Comprehensive Agreement on Respect For Human Rights and International Humanitarian Law Between the Government of the Republic of the Philippines (GRP) and the National Democratic Front of the Philipines (NDFP), inoffizielles und unveröffentlichtes Dokument vom 1.10.1995 (eine Kopie des Dokumentes befindet sich im Archiv der Gruppe Schweiz-Philippinen).
12 Robert Swift in einem Brief an Silvestre Bello III vom 13.2.1998 (eine Kopie des Briefes befindet sich im Archiv der Gruppe Schweiz-Philippinen).
13 Liwang, Armando: Reaffirm our Basic Principles and Rectify Errors. In: Philippinienbüro (Hg.) (1992): Ausschnitte aus der Debatte der philippinischen Linken. Eine Dokumentation englischsprachiger Beiträge. (Es ist allgemein akzeptiert, dass Armando Liwang das Pseudonym von José Maria Sison ist).
14 Zu dieser hier stark verkürzten Darstellung siehe u.a. Gersham, John und Walden Bello (Hg.) (1993): Reexamining and Renewing the Philippine Progressive Vision. Quezon City sowie: Rocamora, Joel (1994): Breaking Through. The Struggle within the Communist Party of the Philippines. Pasig City.
15 Siehe Drilling, Matthias (1998): Aus den Augen – aus dem Sinn? In: Mosquito, Nr. 5, S. 22 sowie derselbe In: Philinfo – Informationen der Gruppe Schweiz-Philippinen Nr. 2/1998.
16 Offener Brief von Marie Hilao-Enriquez, Geschäftsführerin von SELDA, vom 12.9.1998.
17 Aus einem Brief des EDA an die Gruppe Schweiz-Philippinen vom 22.5.1998.
18 Press statement vom 5.2.1998.
19 Philippine Daily Inquirer vom 6.9.1998.
20 Philippine Daily Inquirer vom 7.9.1998.
21 José Maria Sison in einer Presseerklärung vom 13.9.1998.
22 Philippine Daily Inquirer vom 13.9.1998.
*Matthias Drilling ist Geschäftsführer der Gruppe Schweiz – Philippinen

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