Freiwillig zwangsausreisen

Die AutorInnen der 18%-Initiative verschärfen das Gefälle zwischen den zwei Klassen von AusländerInnen ­ den Erwünschten und den Unerwünschten: Zu den «ausländischen Staatsangehörigen» in der Schweiz nicht mitgezählt werden, unabhängig von der Aufenthaltsdauer, «Grenzgänger, Saisonniers ohne Familiennachzug, Angehörige internationaler Organisationen ... qualifizierte Wissenschaftler und Führungskräfte, Künstler, Stagiaires, Studenten und Schüler sowie Touristen». Zu den 'Unerwünschten' gezählt werden gemäss Initiative jedoch «Niedergelassene, Jahresaufenthalter, anerkannte Flüchtlinge und Ausländer mit humanitären Aufenthaltsbewilligungen» sowie neu «Asylbewerber, Kriegsvertriebene, schutzsuchende Ausländer, kurzfristige Aufenthalter, vorläufig Aufgenommene», wenn sie länger als ein Jahr in der Schweiz bleiben. Falls die Zahl der Mitgerechneten («Kontingentierten») ­ die Quote von 18 Prozent überschreitet ­ was bei einer Annahme der Initiative bereits der Fall wäre ­ soll dieser Überschuss «so rasch als möglich durch die freiwillige Auswanderung von Ausländern kompensiert» werden. Diese «freiwillige Auswanderung» ­ offensichtlich ein neuer Modebegriff ­ soll nun durch neue Zwangsmassnahmen gefördert werden.

Die Hauptargumente, welche der Bundesrat gegen die 18%-Initiative anführt, sind vielleicht teilweise menschenrechtlicher, hauptsächlich aber wirtschaftlicher Natur: «Die Wirtschaft in der Schweiz ist ... im Rahmen des zunehmenden Globalisierungsprozesses in besonderer Weise auf einen flexiblen Arbeitsmarkt und auf die schnelle Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften angewiesen», schrieb er in der Botschaft zur Initiative. Der flexible Arbeitsmarkt «braucht» aber zwei Arten von MigrantInnen, um wettbewerbsfähig zu bleiben: Die hochqualifizierten, gutbezahlten Leute und eben auch die schlechtest- bezahlten Arbeitskräfte. Beide schaffen den Standortvorteil. Die hochgradige Flexibilität (Abschiebbarkeit) der Schlechtbezahlten soll nun durch weitere Zwangsmassnahmen und durch eine gesellschaftliche Entwertung und Diskriminierung verstärkt werden. Es handelt sich um eine Politik nach der Devise «die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen», die da von den InitiantInnen gefordert wird.

Europaweit soll nun also an dieser «Unterklasse» von MigrantInnen eine neue Variante der Zwangsmassnahmen erprobt werden. Übungsinstrument ist beispielsweise die Wegweisung von rund 13500 Kosovo-AlbanerInnen (und anderen Staatsangehörigen der BR Jugoslawien). Die Behörden des Zufluchtsstaates bezahlen nun die Sicherheitsbehörden und Fluggesellschaften des Verfolgerstaates (sic!), damit dieser «die Rücknahme» der abgelehnten Flüchtlinge gleich selbst vollzieht. So werden auch in Deutschland algerische Flüchtlinge von der algerischen Polizei persönlich abgeholt. Man will noch weiter gehen: Schengener Grenzpolizisten werden direkt in den Flughäfen der Herkunftsländer stationiert. Die Kooperation zwischen Verfolgerstaaten und asylgewährenden Ländern nimmt zu.
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