friZ 2/2010

Ende Juli 2010 haben die drei Gemeinden, welche sich das Agassizhorn teilen (Grindelwald BE, Guttannen BE, Fieschertal VS), die Petition zur Umbenennung des 3953 Meter hohen Schweizer Alpengipfels in «Rentyhorn» abgelehnt. Von Hans Fässler

Agassizhorn Rentyhorn

2500 Menschen aus aller Welt hatten die Umbenennung gefordert, weil Louis Agassiz im 19. Jahrhundert einer der wichtigsten Wegbereiter des so genannt «wissenschaftlichen» Rassismus und ein Vordenker der Apartheid gewesen war und als solcher unter anderem den kongolesischen Sklaven Renty als «Beweis der Minderwertigkeit der schwarzen Rasse» fotografieren liess. Das Komitee «Démonter Louis Agassiz», welches die Umbenennung seit Mai 2007 gefordert hatte, ist über diesen Entscheid sehr enttäuscht und bedauert insbesondere, dass nicht einmal der Kompromissvorschlag, einen noch unbenannten Nachbargipfel des Agassizhorns «Rentyhorn» zu taufen, vor den Oberländer Gemeindebehörden Gnade fand.

Ausstellung über die «dunkle Seite» von Agassiz

Das Komitee «Démonter Louis Agassiz» akzeptiert diesen demokratisch gefällten Entscheid. Während dem so genannten «Runden Tisch» zwischen Vertretern des Komitees und den Berner Oberländer Gemeindebehörden im September 2009 wurde von Grindelwaldner Seite die Idee vorgebracht, der Öffentlichkeit die «dunkle Seite» von Louis Agassiz durch eine Ausstellung im Heimatmuseum von Grindelwald näher zu bringen. Das Komitee möchte gerne auf diese Idee zurückkommen und beabsichtig, in den nächsten Monaten und Jahren auf eine solche Ausstellung hinzuarbeiten, die auch in Guttannen und Fieschertal gezeigt werden könnte.

Künstlerische Umbenennung

Inzwischen ist der Rassismus von Louis Agassiz im übrigen definitiv zu einem internationalen Thema geworden. Die schweizerisch-haitianisch-finnische Künstlerin Sasha Huber hat ihr Kunstprojekt «Rentyhorn», für welches Sie den Gipfel mit einer Helikopteraktion symbolisch umgetauft hat, im Kunstmuseum von Helsinki ausstellen können und dafür das Buch «Rentyhorn Agassizhorn» (ISBN 978-951-53-3267-7) herausgegeben. In diesen Tagen zeigt sie an der Biennale von Sao Paolo ihr neustes fotographisches Werk «Agassiz: The Mixed Traces Series» sowie das Video «Louis Who?». Ausserdem erscheint in Zusammenarbeit mit der brasilianischen Historikerin Maria Helena P. T. Machado das Buch «(T)races of Louis Agassiz: Photography, Body and Science, Yesterday and Today» mit Texten in Englisch und Portugiesisch. Darin ist zum ersten Mal überhaupt eine Auswahl von 40 jener Bilder abgedruckt, welche Agassiz auf seiner Brasilienreise von 1865/66 anfertigen liess, um - wie schon mit den Daguerrotypien von South Carolina - die «Minderwertigkeit der schwarzen Rasse» und neu auch der ihm verhassten Rassenmischungen zu beweisen.

Hans Fässler ist Kabarettist und Mittelschullehrer. Als Autor eines Buches über die Beteiligung der Schweiz am transatlantischen Sklavenhandel engagiert er sich seit mehreren Jahren für eine aktive Aufarbeitung und Wiedergutmachung derselben. Mehr dazu im Internet unter: www.louverture.ch
Sasha Huber, geboren und aufgewachsen in Zürich, lebt und arbeitet heute in Helsinki. Aufgrund ihrer schweizerischen und haitianischen Wurzeln engagiert sie sich in der Kampagne «Démonter Louis Agaasiz». Mehr dazu im Internet: www.sashahuber.com
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