FriZ 4/2007

Schon in absehbarer Zukunft könnte der Klimawandel auch zur Bedrohung für die Sicherheit der Industriestaaten werden. Die Aktualität der Problematik wird zunehmend erkannt, insbesondere in den USA, wie eine im November 2007 vorgestellte Studie zeigt.

Klimawandel wird zu Kriegen führen

Die Analysten der über 100 Seiten umfassenden Untersuchung1 warnen davor, das Problem des Klimawandels weiter zu unterschätzen. Aufgrund klimatischer Veränderungen werde es innerhalb und ausserhalb der USA zu Migrationen kommen; es würden Kriege um Wasser und andere Ressourcen geführt, und es könnte eine Machtverschiebung unter den Nationen eintreten. Ausserdem würden sich Krankheiten rascher ausbreiten, lautet die eindringliche Warnung.

Alle Aspekte des modernen Lebens werden destabilisiert

Die apokalyptischen Vorstellungen, wie sie zu Zeiten des Kalten Kriegs als Folge eines Nuklearkriegs entworfen worden seien, könnten sich innerhalb der nächsten dreissig Jahre bewahrheiten, lautet die Einschätzung des Expertengremiums, das vom Center for Strategic and International Studies und dem Center for a New American Security zusammengestellt worden war. Der Klimawandel sei potentiell eine der schwerwiegendsten Herausforderungen der nationalen Sicherheit, mit denen diese oder eine der nächsten Generationen von Politikern konfrontiert werde.
Der Bericht wurde unter anderem vom früheren CIA-Direktor James Woolsey, Nobelpreisträger Thomas Schelling, dem Vorsitzenden der nationalen amerikanischen Akademie der Wissenschaften, Ralph Cicerone, dem frühere Stabschef unter US-Präsident Bill Clinton, John Podesta, und dem Sicherheitsberater des früheren Vizepräsidenten Al Gore, Leon Fuerth, erstellt. Die Experten hatten drei Szenarien entworfen, deren Bandbreite von einem Temperaturanstieg um 1,3 Grad bis 2040 bis zu 5,6 Grad bis 2100 reichte. Alle Aspekte des modernen Lebens würden destabilisiert, hiess es resümierend (Klimaforscher der Vereinten Nationen haben vor kurzem ihre eigenen Prognosen korrigiert und gehen nun von einer möglichen Erderwärmung von 6,0 Grad bis zum Jahr 2100 aus).

Nicht die erste Warnung

Es handelt sich bei der neuen US-Studie nicht um die erste Warnung dieser Art, wie folgende Auflistung, die nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt, zeigt:

Ist der Krieg gegen den Terrorismus nur ein Vorwand?

Selbstverständlich befassen sich nicht nur die US-amerikanischen Wissenschaftler und Geheimdienste mit den Folgen des Klimawandels für die staatliche Ordnung, und es wäre zu fragen, ob nicht heute schon Massnahmen erkennbar sind, mit denen zukünftige destabilisierende Prozesse ausgesteuert und aufgefangen werden sollen. Beispielsweise fällt auf, dass viele Kritiker der Antiterrorgesetze in den westlichen Metropolenstaaten monieren, dass diese völlig überzogen auf das Problem des Terrorismus reagiert hätten. Abgesehen davon, dass der sogenannte Terrorismus nicht zuletzt eine Folge westlicher Interventionen und hegemonialen Strebens sei, würde mit Kanonen auf Spatzen geschossen.
Womöglich geht es nicht um Spatzen. Viele Entwicklungen und Massnahmen der Regierungen werden erklärbar, wenn angenommen wird, dass der Globale Krieg gegen Terrorismus (GWOT), der von der US-Regierung ausgerufen wurde, im wesentlichen ein Vorwand für andere Absichten ist: Viele Repressionen und Kriegshandlungen ergeben dann einen Sinn, wenn davon ausgegangen wird, dass sich hier Interessengruppen im weltweiten Massstab auf bestehende und kommende Ressourcenkriege in Stellung bringen. Allem Anschein nach bereiten sich die Staatsapparate auf die gefürchteten «anarchischen» Verhältnisse, auf Bürgerkriege, regionale Konflikte und Ressourcenkriege unter den Nationen vor.
Zu den auffälligsten Vorwänden gehören Gesetzesmassnahmen der US-Regierung, die den Einsatz der Streitkräfte im Landesinnern wesentlich erleichtern sollen. Die Optionen gehen weit über den Katastrophenschutz hinaus. Auch in Deutschland versuchen Politiker, allen voran Innenminister Wolfgang Schäuble, durchzusetzen, dass die Bundeswehr künftig auch im Innern und nicht mehr nur zur nationalen Verteidigung aufmarschieren darf. Die Zunahme der öffentlichen Gelöbnisse, die Observierung von G-8-Demonstranten durch Soldaten und Kampfjets weisen in eben diese Richtung.
Es sollte kein Zweifel daran bestehen, dass die Regierungen längst begonnen haben, sich auf destabilisierende Entwicklungen aufgrund des Klimawandels vorzubereiten – und es sollten ebensowenig Zweifel aufkommen, dass dies von ihnen nicht freiwillig öffentlich thematisiert wird.

Fussnote

1 Die Studie wurde gemeinsam von zwei US-amerikanischen Think Tanks, dem «Center for Strategic and International Studies» und dem «Center for a New American Security», in Auftrag gegeben
(siehe z.B. www.forbes.com/feeds/ap/2007/11/03/ap4296673.html).

Quelle

Elektronische Zeitschrift Schattenblick im MA-Verlag. Im Internet: www.schattenblick.de -> Infopool -> Umwelt -> Redaktion -> umkl-304.html


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