"Ich definiere Globalisierung als die Freiheit unserer Firmengruppe, zu investieren, wo und wann sie will, zu produzieren was sie will, zu kaufen und zu verkaufen, wo sie will, und die Einschränkungen durch Arbeitsrecht und andere politische Regulationsmechanismen so gering als möglich zu halten."
Percy Barnevik, ehemaliger ABB-Präsident
Unternehmerisches Handeln ist in erster Linie von Profitdenken geleitet. Um möglichst billig zu produzieren, entziehen sich viele multinationale Konzerne ihrer Verantwortung gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft - insbesondere in Ländern, die auf Investitionen durch Unternehmen angewiesen sind und ihnen tiefe Standards gewähren. Immer mehr Fälle von Umweltverschmutzung, Ressourcenraub und Menschenrechtsverletzungen durch Unternehmen werden bekannt. Zum Beispiel die Zerstörung des Nigerdeltas durch Shell, die Abholzung von Primärregenwald in Indonesien durch Asian Pulp and Paper mit finanzieller Unterstützung von Credit Suisse, oder der Untergang des maroden Öltankers Prestige vor der Küste Galiziens, der im Auftrag der Schweizer Firma Crown Ressources Erdöl transportierte. Fälle mangelnder Unternehmensverantwortung werden in der Öffentlichkeit und der Politik immer wieder heftig diskutiert. Bislang fehlt aber die Grundlage dafür, die Konzerne für ihre Vergehen vollumfänglich zur Verantwortung zu ziehen.
Pro Natura und ihr Netzwerk Friends of the Earth International (s. Randspalte) sind daher der Meinung, dass es global geltende, verbindliche Regeln für Konzerne braucht. Wir wollen die Standards zum Schutz von Umwelt und Gesellschaft so hoch wie möglich halten. Nationale Standards alleine reichen nicht aus, um Konzerne zur Verantwortung zu ziehen. Umweltrecht, Arbeitnehmerrechte und Menschenrechte variieren von Land zu Land und im angeheizten Standortwettbewerb erleiden Unternehmen mit hohen Standards oft einen Konkurrenznachteil. Es ist daher vernünftig, ein multilaterales, verbindliches System zu entwerfen, das Wettbewerbsgleichheit schafft und das durch die wirtschaftliche Globalisierung entstandene Demokratiedefizit ausgleicht.
Unternehmensverantwortung wird bisher von der Entwicklung freiwilliger Initiativen dominiert. Unternehmen bekennen sich, wie z.B. beim Global Compact, aus freien Stücken zu Grundsätzen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung. Solche freiwilligen Initiativen mögen an sich positiv sein, sie stellen aber keinen befriedigenden Ersatz für verbindliche Regeln dar. Die Gründe dafür sind offensichtlich:
Die Firmen entscheiden selbst, ob sie die Regeln erfüllen
Die Vereinbarungen sehen keine oder nur schwache Sanktionen bei Regelverletzungen vor
Die Produktionskosten steigen durch hohe Standards und Kosteninternalisierung und fortschrittliche Firmen erleiden einen Konkurrenznachteil
Neue Formen der Unternehmensverantwortung sind heute wichtiger denn je. Pro Natura, Friends of the Earth und andere NGO fordern eine weltweit gültige Konvention zur Unternehmensverantwortung in den Bereichen Umwelt, Menschenrechte, Arbeitsrechte und Sicherheit. Am besten in der UNO. Kernbestandteile einer solchen Konvention müssen Pflichten für Unternehmen, Rechte für die betroffene Bevölkerung und Massnahmen zur Umsetzung sein:
International konsistente hohe Verhaltenscodizes für Unternehmen
Unternehmenshaftung für erfolgte Schäden im Sinne des Verursacherprinzips
öffentliche Kontrolle über natürliche Rohstoffe
Das Recht auf Wiedergutmachung und Schadenersatz von direkt betroffenen Personen und Gemeinden
Veränderung der Marktkräfte durch die Internalisierung von Kosten
Zulässigkeit von Sanktionen gegenüber StraftäterInnen
Ausweitung der Kompetenzen des internationalen Strafgerichtshofes
Verbesserung des Kartellrechts zur Verhinderung der Monopolisierung
Unabhängige Kontrolle zur Sicherstellung der Umsetzung der Konvention
Miriam Behrens arbeitete bis Ende März bei Pro Natura - Friends of the Earth Switzerland und ist seit Anfang April stellvertretende Generalsekretärin der Grünen Partei der Schweiz.
Als internationales Netzwerk von Umweltschutzorganisationen ist Friends of the Earth International (FoEI) eines der aktivsten NGO Netzwerke, das sich für eine bessere Unternehmenshaftung und -verpflichtung multinationaler Konzerne einsetzt. Ziel der "Corporates Campaign" von FoEI ist es, die Pflichten der Unternehmen und die Rechte der betroffenen Bevölkerung international und verbindlich festzulegen. Die wichtigsten Aktivitäten der Kampagne sind Aufdeckung von Missständen einzelner Unternehmen, die Forderungen nach internationalen Rahmenbedingungen (UNO Konvention), die Entlarvung von Konzerninteressen (Cancún), sowie gezielter Widerstand gegen Unternehmen vor allem durch Süd NGOs. Die Website von FoEI bietet zahlreiche Publikationen und aktuelle Informationen von Umwelt- und Menschenrechtsverletzungen multinationaler Unternehmen, sowie über die Aktivitäten auf politischer Ebene. Weitere Infos: www.foei.org/corporates
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