FriZ 5/2003

In der Internationalen Entwicklungszusammenarbeit setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass Hilfe auch Schaden anrichten kann. Von Ekkehard Forberg

Der "Do no harm!"-Ansatz

Der wohl ambitionierteste Versuch, die eigene Beteiligung an Kriegsverlängerung zu erkennen und in Zukunft zu vermeiden oder wenigstens zu verringern, war das "Do no harm"-Projekt, das 1994 mit 14 Feldstudien in 13 Ländern Konflikte unter die Lupe nahm: in Burundi, Bosnien-Herzegowina, Georgien, Guatemala, Indien, Israel, Kambodscha, Kroatien, Libanon, Mosambik, Pakistan, Somalia und Tadjikistan1. Tatsächlich ergab die Zusammenschau der Fälle gewisse Muster, wie Hilfsprojekte kriegsverlängernd und -fördernd wirkten. Sie zeigten aber auch in jedem Konflikt die Kräfte, die sich von Mobilisierungen nicht einfangen ließen, die aus der Spirale von Hass und Gewalt hinaus wollten und die trotz Krieg Verbindungen zwischen den Verfeindeten Bevölkerungsgruppen aufrechterhielten.

Nach einer ersten Überprüfung der Ergebnisse durch Workshops mit MitarbeiterInnen von Hilfsprojekten und deren Bestätigung läuft nun die Phase, in der die Empfehlungen für Projektentwicklung und -umsetzung von mehreren Organisationen in einer dreijährigen Anwendung in der Praxis erprobt werden. Parallel dazu ist bereits eine Implementierung der Ergebnisse bei Organisationen angelaufen, ein Impuls, der jetzt auch Deutschland erreicht hat.

Für welche Organisationen ist der "Do no harm!" -Ansatz wichtig?

Generell sind alle Organisationen, die materielle Hilfe leisten, in der Falle, unerwünschte Verteilungseffekte und ethische Botschaften auszusenden, die die friedensstiftenden Kräfte schwächen können. Für sie ist die Auseinandersetzung mit den Ergebnissen dieses Ansatzes ein Muss.

Die Methoden, gezielt nach friedensfördernden Kapazitäten im Projektumfeld zu suchen und diese zu stärken, sind ein wichtiges neues Instrument, das konfliktbezogenen Projekten weiterhelfen kann, die keine materiellen Anteile in ihrer Arbeit haben. Darüber hinaus senden auch sie implizite ethische Botschaften, die sie sich in der Auseinandersetzung mit dem "Do no harm!"-Ansatz bewusst machen sollten.

Eine innovative Chance besteht darin, in Projekten hilfeleistende und konfliktbearbeitende Anteile zu identifizieren und in neuen Kooperationen und Koalitionen anzugehen, bei denen Hilfs-, Entwicklungs- und Konfliktbearbeitungsorganisationen jeweils ihren eigentlichen Mandaten folgen können und gleichzeitig alle Möglichkeiten ausschöpfen, die das Projektumfeld zur Konfliktbearbeitung bietet.

Ekkehard Forberg ist Mitarbeiter bei World Vision Deutschland. Er kann für weitere Informationen zum Thema "Mainstreaming Do no Harm" per E-mail kontaktiert werden: ekkehard_forberg@wvi.org

Das Standardwerk zum "Do no Harm"-Ansatz:

Mary B. Anderson: "Do no Harm: How Aid Can Support Peace - or War", 1999, Lynne Rienner Publishers (ISBN 1-55587-834-2)

1 Siehe: www.cdainc.com/


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