FriZ 5/2003

Die Zürcher Beratungsstelle für Militärverweigerung und Zivildienst verzeichnete 2002/03 nicht nur einen Zuwachs bei den Ratsuchenden um 15 Prozent, sondern auch mehr Spendeneinnahmen.

6084 Beratungen auf der Militärverweigerer-Stelle

Die Anzahl der Beratungen im Berichtsjahr überstieg damit die 6000er Marke - im Vorjahr waren es noch 5297, nun 6084 Beratungen. Damit wurden doppelt so viele Beratungen wie noch 1999 durchgeführt. Die Stelle wertet dies zwar einerseits als ein erfreuliches Zeichen, zeigt doch dies, dass der Zivildienstgedanke nach 100 Jahren Anstrengung immer mehr Früchte trägt. Andererseits gerät die Beratungsstelle immer mehr an ihre personellen Grenzen.

Weiter wachsendes Interesse am Zivildienst

Besonders das wachsende Interesse am Zivildienst zeigte sich in den Beratungszahlen. Rund 2600 Anfragen zu diesem Thema erhielt die Stelle, in etwa zu gleichen Teilen von Personen, die keinen Militärdienst geleistet haben, wie von solchen, die nach Erfahrungen mit dem Militärdienst den Umstieg suchen.

Weiterhin machen die Anfragen zum Ausstieg aus dem Militär per Arztzeugnis einen Grossteil der Beratungen aus. Grössere Zuwachsraten gibt es hier aber schon seit einigen Jahren nicht mehr. Zurückführen ist dies wohl darauf, dass dieser Ausstiegsweg keine besondere Beratung mehr braucht. Alle nötigen Informationen erhält man bei Kollegen oder auf dem Internet, z. B. auf Homepage der Beratungsstelle, inklusive Arztadressen.

Der "blaue Weg" - schnell und einfach

Man kommt schnell und einfach weg, wenn man sich mit ein bis zwei Sitzungen bei einem Psychiater oder Psychologen ein Zeugnis beschafft. Von 1990 bis 2002 stieg der Anteil der Untauglichen bei der Aushebung von 12 auf 22 Prozent. Während der RS steigt durchschnittlich jeder fünfte Rekrut definitiv aus der Armee aus. Und Tausende suchen jährlich den Abschied bevor sie in den WK müssten. Damit dürften sich rund 40 Prozent aller Männer im wehrpflichtigen Alter vorzeitig vom Militär verabschieden.

Zur Mehrarbeit hat auch die laufende Armeereform wesentlich beigetragen. Viele Militärdienstpflichtige waren ungenügend darüber informiert, wie lange sie noch dienstpflichtig sind, ähnlich erging es zahlreichen Zivildienstpflichtigen. Auch der Krieg im Irak hat viele aufgeschreckt und zum Nachdenken angeregt. Dazu hat der Einsatz der Schweizer Armee am G8-Treffen in Evian vor Augen geführt, was es bedeuten kann, unter militärischem Befehl stehen zu müssen.

Schwarze Zahlen

Finanziell konnte sich die Beratungsstelle wieder leicht erholen, nachdem im Jahr zuvor ein Loch von 21000 Franken klaffte. Dank der deutlich zugenommenen Spenden und Mitgliederbeiträge von zahlreichen Einzelpersonen konnte die Stelle wieder knapp aus den roten Zahlen herauskommen. Trotzdem ist die Finanzlage weiterhin angespannt.

Beratungsstelle für Militärverweigerung und Zivildienst, Stationsstrasse 32, Postfach 9777, 8036 Zürich. Telefon 014503737, Fax 014504146. Homepage www.zivildienst.ch , E-Mail beratungsstelle@zivildienst.ch


Inhaltsübersicht nächster Artikel