FriZ - Editorial aus Nr. 4/2003

Friedenspädagogik - "Eine friedliche Welt ist möglich"

"Eine friedliche Welt ist möglich", sagte Bertha von Suttner, die 1906 als erste Frau den Friedensnobelpreis erhielt. Diese Überzeugung mag utopisch klingen in einer Zeit, wo sich die Nachrichten über Gewalt und Missachtung der Menschenrechte überbieten. Doch Bertha von Suttner glaubte an ihre Worte und lebte danach. Ihre Vision diente im Juli dieses Jahres dem 4. Internationalen Kongress für Friedenserziehung (s. Randspalte) als Leitgedanke. PädagogInnen und FriedensforscherInnen aus vielen Ländern tauschten in Hamburg während vier Tagen ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus und stellten in Workshops ihre Projekte vor. Zum Beispiel dasjenige der MediatorInnen an der Primarschule in Binningen, BL (Seite 12), oder das Projekt der "Friedensbrugg" in Ost-Slavonien (Seite 10), bei dem Jugendliche aus verschiedenen Kulturen lernen, Vorurteile abzubauen und sich nicht als Feinde zu begegnen.

FriedenspädagogInnen arbeiten an der Basis, leiten Kinder und Jugendliche an, Konflikte gewaltfrei auszutragen, vermitteln Werte wie Offenheit und Toleranz gegenüber Fremdem. Sie fördern Zivilcourage, den Mut sich einzumischen, wenn Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz überhand nimmt. Sie richten ihr Augenmerk auf die so genannten "Bystanders", die teilnahmslos daneben Stehenden. Ihnen weist Monique Eckmann eine wichtige Rolle zu in ihrem Artikel "Eine Pädagogik gegen Rassismus, nicht gegen Rassisten. (Seite 18). Die Bystanders sollen lernen, die Position des stummen Zuschauens aufzugeben und aktiv Widerstand zu leisten, wenn Mitmenschen diskriminiert werden. Eine Pädagogik gegen Rassismus informiert nicht nur über Hintergründe und macht auf Zusammenhänge aufmerksam, sondern muss auch zum Handeln anregen. Je früher diese Grundsätze in der Erziehung zum Tragen kommen, umso grösser ist die Chance, dass Konflikte nicht in Gewalt ausarten.

Friedenspädagogische Arbeit von unten wirkt sich jedoch erst dann auf das Zusammenleben in der Gesellschaft aus, wenn sie nicht nur von engagierten LehrerInnen ausgeführt, sondern von Eltern mitgetragen, von Schulbehörden unterstützt und in die Ausbildung der LehrerInnen integriert wird. Sie muss über die Medien an die Öffentlichkeit gelangen und sich in überregionaler Zusammenarbeit weiterentwickeln. Diese Vernetzung aufzubauen ist die Aufgabe der weltweiten Kampagne für Friedenserziehung, die 1999 an der Konferenz des Haager Appells für Frieden gestartet wurde (Seite 16). Ihr Ziel ist die Einführung von friedenspädagogischen Prinzipien in allen Bildungs- und Erziehungssystemen der Welt. Mittelfristig will die Kampagne die Öffentlichkeit für die Einführung von Friedenspädagogik in formellen und informellen Einrichtungen sensibilisieren und die Ausbildung aller LehrerInnen zu FriedenspädagogInnen fördern. "Wenn du Frieden willst, lehre Frieden", ist die Leitidee der Kampagne.

Christa Zopfi


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