FriZ 4/2003

Die "Peace Matrix" von J. P. Lederach1 verdeutlicht die Parameter, die zu beachten sind, um Friedensprojekte mit nachhaltiger Wirkung zu planen. Von Sabine Woggon und Mireia Vranga Arakistain

Die "Peace Matrix"

Die Friedens-Matrix (s. Abbildung) ist eine Planungshilfe für Friedensprojekte. Sie besteht aus einem dreidimensionalen Koordinatensystem, das Entscheidungsfindung und mögliche Interventionen mit der zeitlichen Planung verknüpft. Sie ermöglicht Leuten, die an einer Kultur des Friedens interessiert sind, ihren Standort zu erkennen. Das hilft ihnen, ihre Aktivitäten sinnvoll zu planen und GesprächspartnerInnen realistisch einzuschätzen.

Entscheidungen für die Durchführung von Friedensprojekten werden meistens auf drei Ebenen getroffen:

- Die unterste Ebene: Schulen, LehrerInnen, Eltern

- Die oberste Ebene: Behörden. Sie finanzieren häufig die Projekte, sind aber weit entfernt von der Basis.

- Die mittlere Ebene: BeraterInnen, Friedensforschungsinstitute, NGO, Medien. Sie stellen die Verbindung her zwischen der Basis und den Ministerien, informieren über neue Projekte, beraten, unterstützen die Basis (Fortbildung, Planung, neue Ideen), vermitteln und finanzieren.

Interventionen oder Projekte finden auf verschiedenen Ebenen statt:

- Einzelinteressen wie Problemlösung, Diskussionsbedarf, Ideen stehen zunächst im Vordergrund.

- Über Beziehungen bilden sich Interessengruppen und entwickeln beispielsweise innerhalb ihrer Schulklasse Initiativen.

- Diese Initiativen können das Mikrosystem Schule verändern (Schülerparlamente, Streitschlichtungsprogramme) und bei Erfolg andere Schulen mit einbeziehen.

- Langfristig ist eine Veränderung oder ein Impuls für das ganze Schulsystem (Makrosystem) denkbar.

Die Zeit ist bei der Planung von Projekten ein wichtiger Faktor.

- Zuerst sollten die langfristigen Ziele formuliert werden, eventuell die Utopien.

- Mittelfristig realisierbare Ziele braucht es, um sich den Utopien zu nähern.

- Erst dann beginnt die Planung der kurzfristigen Ziele: Ausstellungen, Informationsabende, Theater etc. Sie machen die Öffentlichkeit auf ihre Anliegen aufmerksam und wecken das Interesse an der Utopie.

Die vierte Dimension der Matrix ist eine geographische. Projekte können in drei Bereichen wachsen: lokal, national und international. Zwischen diesen Bereichen sollte ein reger Austausch stattfinden (Medien, Internationaler Kongress für Friedenspädagogik, Vernetzung über Internet).

Ein Beispiel

Die Peace-Matrix lässt sich gut auf das Schulprojekt in Ost-Slavonien anwenden, das auf Seite XX vorgestellt ist.

Die Entscheidungen entstanden aus dem Bedürfnis von LehrerInnen nach Weiterbildungsangeboten für Konfliktbearbeitung. Das Friedenszentrum in Osijek stellte den Kontakt zur "Friedensbrugg" in der Schweiz dar.

Die Interventionen fanden zuerst in einer Gruppe von LehrerInnen mit gleichen Bedürfnissen statt. Diese setzten zuerst ihre Erfahrungen in der eigenen Klasse um. Das Fortbildungsangebot stösst auf Anklang, wird heute vom Erziehungsministerium anerkannt und steht immer mehr Interessierten offen.

Die Zeit wird zeigen, ob das langfristige Ziel erreicht wird, Friedenspädagogik als Teil der staatlichen LehrerInnenausbildung einzuführen.

Die vierte Dimension zeigt sich daran, dass es ein Projekt zwischen zwei Ländern ist, dass es an einem internationalen Kongress vorgestellt wurde und dass in der friZ ein Bericht darüber erschienen ist.

1 John Paul Lederach: Construyendo La paz: reconciliación sostenible en sociedades divididas. Serie Red Gerniku No 2. Oktubre, 1998


Inhaltsübersicht nächster Artikel