Nermin ist zurück

Ein ungewöhnliches Buch über eine gewöhnliche Ausschaffung hat doch noch einen guten Abschluss gefunden: Der 15jährige Schüler Nermin Zulic darf aus Bosnien nach Langenthal zurückkehren.

"Dieses Buch hat kein Happyend, was aber nicht heisst, dass die Geschichte von Nermin und der Klasse 3d in Langenthal nicht doch noch einen guten Schluss finden wird." So endete das im vergangenen Jahr von Simon und Beat Hugi herausgegebene Buch "Nermin wird ausgeschafft": Nicht resigniert, aber enttäuscht – und mit einem Funken Hoffnung.

Ende gut, aber nicht alles gut

Ein Jahr später wurde aus diesem Funken ein Freudenfeuer: Am 28. Juni dieses Jahres durfte Nermin Zulic in die Schweiz zurückkehren. Zurück ins Untergymnasium Kreuzfeld in Langenthal, wo er bis zum 10. Januar 2000 die Klasse 3d besucht hatte. An jenem Morgen war ein Polizist im Schulzimmer aufgetaucht und hatte Nermin mitgenommen. Gleichentags wurden er und seine Familie in Ausschaffungshaft genommen und einige Tage später nach Bosnien geflogen. Von wo sie einige Jahre zuvor wegen des Krieges im ehemaligen Jugoslawien geflohen waren. Im Oktober 1999 war ihr Asylgesuch letztinstanzlich abgelehnt, die sofortige Wegweisung verfügt worden. (Nur war dieser Entscheid der Familie Zulic irrtümlicherweise nie zugestellt worden.)

Eine Geschichte also, wie sie sich dutzendfach in der Schweiz der vergangenen Jahre abgespielt haben und weiterhin zutragen. Auch dass die Umgebung von Nermin – seine MitschülerInnen, seine LehrerInnen, der Fussballtrainer etc. – konsterniert bis empört auf die Ausschaffung reagierten, war nicht so ungewöhnlich. Was den Fall Nermin von vielen anderen unterscheidet, ist die öffentliche Aufmerksamkeit, die er erregte. Und dass es am Ende doch noch ein Happyend gibt.

Eine Klasse kämpft für ihren Mitschüler

Zu verdanken ist dies in erster Linie den SchülerInnen der damalige Klasse 3d. Sie liessen es nicht bei der Empörung bewenden, sondern begannen sich aktiv für ihren Mitschüler einzusetzen: schrieben Briefe an Amtsstellen, spannten Eltern, LehrerInnen und Medien ein, starteten eine Petition und sammelten Geld für die Familie Zulic. Wenigstens sollte Nermin seine begonnene Schulausbildung in Langenthal abschliessen können! Und im März 2000 begann Simon Hugi zusammen mit seinem Vater ein Buch über die Ausschaffung seines Freundes zu schreiben.

Die anfängliche Hoffnung auf eine baldige Rückkehr Nermins, begründet auf den von den Behörden bei der Ausschaffung begangenen formalen Fehlern sowie dem grosszügig interpretierbaren gesetzlichen Spielraum, zerschlugen sich im Sommer 2000 im Behördendschungel. Erst das hartnäckige Nachsetzen durch Nermins Anwalt und die Ausdauer seiner MitschülerInnen führten Anfang Juni 2001 dazu, dass der Berner Regierungsrat die Beschwerde der Familie Zulic gutheisst. Und wenigstens Nermin eine so genannte Schülerbewilligung erteilt. Was bedeutet, dass er nach Langenthal zurückkehren und bei einer Pflegefamilie leben darf, bis er das Gymnasium beendet haben wird.

Regierung gegen Regierungspräsidentin

Der Entscheid fiel gegen den erklärten Willen von Regierungspräsidentin Dora Andres, die befürchtet hatte, dass "ein Fall, in welchem die frühere Ausschaffung soviel Aufsehen erregt hat, wenig geeignet (sei), wieder neu aufgerollt zu werden." Begründung: "Der Vorwurf, man habe sich übermässigem Druck gebeugt, könnte sehr wohl aufkommen."

(db)

Simon und Beat Hugi: "Nermin wird ausgeschafft. Klasse 3d kämpft um einen Freund", Zytglogge Verlag, Bern 2000. 184 Seiten, Fr. 29.–

Weitere Infos im Internet unter: www.nermin.ch


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