Nebengedanken

Bundesrätliche Nägel mit Köpfen gegen rechts

Von Cécile Bühlmann

Der Bundesrat hat beschlossen, in den nächsten 5 Jahren 15 Millionen Franken zu investieren, um Projekte gegen Rassismus und Rechtsextremismus zu finanzieren. Die Stiftung Bildung und Entwicklung erhält davon eine Tranché von 2,5 Millionen für Bildungsprojekte.

Wer hätte sich in den Aufbruchjahren nach 68 noch vorstellen können, dass es wieder einmal nötig werden würde, Geld für Projekte gegen Rassismus zu gebrauchen, glaubten doch mit mir zusammen viele, dass angesichts der Schrecken des Faschismus in diesem Jahrhundert, rassistisches und rechtsextremes Gedankengut so desavouiert worden seien, dass sie nie wieder für jemanden attraktiv sein könnten. Wir hatten uns offensichtlich getäuscht, europaweit laufen junge Männer wieder rechtsextremen Gruppen nach und finden dort eine neue Heimat. Auch in der Schweiz!

Was läuft falsch in unserer Gesellschaft, dass die Ideologie der Ungleichwertigkeit und der Legitimation von Gewalt so zunehmen? An einer Tagung der Gesellschaft Minderheiten in der Schweiz GMS, an der ich im Februar teilnahm, machte der deutsche Soziologe Wilhelm Heitmeyer eine beängstigende Analyse: je mehr die Desintegrationsprozesse in der Gesellschaft zunehmen, je ohnmächtiger und nutzloser sich Menschen vorkommen, je weniger gesellschaftliche Anerkennung sie finden, umso attraktiver wird das Angebot von rechts: wenn du nichts mehr bist, eines kann dir niemand nehmen, dass du Deutscher bist. Auch das lässt sich auf die Schweiz übertragen!

Laut seinen Untersuchungen sind vor allem Jugendliche aus autoritären Milieus, aus der aufstiegsorientierten Mittelschicht, Jugendliche, die Gewalt in der Familie erlebt haben und Kinder von Vätern mit einem inkonsequenten Erziehungsstil nach dem Motto: mal gilt etwas, mal nicht, gefährdet, nach rechts abzudriften.

Für die Schule heisst das, Kinder die Erfahrung machen zu lassen, dass sie anerkannt und respektiert werden und dass die Verletzung ihrer Integrität in keiner Art und Weise geduldet wird. Das ist Friedenserziehung im besten Sinn des Wortes. Laut Heitmeyer ist das wirksamer, als moralische Appelle oder Lektionen über den Faschismus in Nazideutschland.

Es ist gut, dass der Bundesrat Bildungsprojekte finanziert, die solche Bestrebungen unterstützen. Überhaupt ist es gut, dass er sich finanziell am Kampf gegen rechts beteiligen will.

Was aber nicht mit Bildungsprojekten zu bekämpfen ist, ist die populistische und fremdenfeindliche Politik etablierter Parteien, die auf dem Buckel von Eingewanderten ihr parteipolitisches Süppchen kochen. Leider gibt es keine Projekte gegen schlecht erzogenene Politiker. Die männliche Form ist bewusst gewählt!

Cécile Bühlmann ist Nationalrätin der Grünen


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