Das öffentliche Auge: Forderungen an die Global Leaders

Die Erklärung von Bern und Pro Natura veranstalteten auch dieses Jahr zusammen mit internationalen Partner-NGO eine Gegenveranstaltung zum Weltwirtschaftsforum in Davos. Auch wenn wegen des massiven Polizeieinsatzes in und um Davos nicht alle ans "Public Eye on Davos" reisen konnten – ein prominenter Redner wurde an die Grenze 'zurückgestellt' – so war die diesjährige Ausgabe ein Erfolg.

Public Eye on Davos wurde im Jahr 2000 gegründet und war zum zweiten Mal in Davos präsent. Public Eye on Davos ist ein gemeinsames Projekt der Erklärung von Bern (Koordination), des lateinamerikanischen Netzwerkes Asociación Latinoamericana de Organizaciones de Promoción (ALOP), von Focus on the Global South, Friends of the Earth International (und ihr Schweizer Zweig Pro Natura), Genetic Resources Action International (GRAIN), der Tebtebba Stiftung, des World Development Movement und des Network Women in Development Europe (WIDE). Diese gemeinsame Kampagne mehrerer Nichtregierungsorganisationen (NGO) wehrt sich gegen den Einfluss, welchen der private Sektor auf die internationale Politik ausübt, und warnt vor dessen negativen Auswirkungen auf die Respektierung der Menschenrechte, der sozialen Gerechtigkeit, von Demokratie und Umwelt.

Regeln sind nötig...

Public Eye on Davos verlangt die Durchsetzung der nachstehenden grundlegenden Richtlinien durch Regierungen, internationale Organisationen und die Privatwirtschaft und veröffentlichte ein NGO-Statement, das von über 130 Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt unterzeichnet wurde. In dieser Erklärung werden folgende einzuführende Regeln verlangt:

...zur globalen Regierungstätigkeit

Alle Regierungsstrukturen auf nationaler und internationaler Ebene müssen auf transparenten, kontrollierbaren und demokratischen Prinzipien beruhen. Debatten und Entscheide, welche für die Öffentlichkeit von Belang sind, müssen auf Plattformen stattfinden, welche diesen Prinzipien Rechnung tragen.

…zur Macht der Grosskonzerne

Eine zwischenstaatliche Vereinbarung soll den Firmen durch verbindliche Vorschriften hohe Normen von Transparenz und Rechenschaft setzen. Firmen müssen verpflichtet werden, die Auswirkungen ihrer Tätigkeit auf Gesellschaft und Umwelt offenzulegen, um den Bedürfnissen der Stakeholder – örtliche Gemeinden, Kunden, und ethische Investoren – nach fairer, genauer und sachgemässer Information zu entsprechen. Alle Stakeholder von Firmen, einschliesslich örtliche Gemeinden und Angestellte, sollten das gesetzlich verankerte Recht haben, die Tätigkeit der Firma in Frage zu stellen, wenn diese ihre Interessen verletzt. Eine solche Vereinbarung sollte durch entsprechende nationale Gesetze in Kraft gesetzt und durch internationales Recht gestützt werden.

Internationale Antitrustgesetze sollen erlassen werden, um Fusionen, die den freien Wettbewerb untergraben, sowohl innerhalb eines Landes wie zwischen den Staaten zu überwachen. Nationale und internationale Steuergesetze müssen verschärft werden, um sicher zu stellen, dass Konzerne gerechte Steuern bezahlen in den Ländern, in welchen sie tätig sind.

Firmen, welche strafbare Handlungen begehen, müssen auf nationaler und internationaler Ebene gerichtlich verfolgt werden können.

Alle diese Massnahmen müssen durch starke und wirksame Sanktionen abgesichert sein, u.a. Ausschluss von einem bestimmten nationalen Markt, Gefängnisstrafen für verantwortliche Kader, Aufhebung der Börsenkotierung, Aufhebung der Firmenzulassung, Entzug finanzieller Begünstigung wie Zugang zu Regierungssubventionen und Exportkrediten.

...zu den internationalen Finanzbeziehungen

Keine weitere Liberalisierung des internationalen Finanzsystems und kein Druck zur Liberalisierung auf nationaler Ebene. Insbesondere soll die vorgesehene Ergänzung der Statuten des IWF, aufgrund welcher der IWF das Recht erhalten soll, die Liberalisierung des Kapitals in seinen Mitgliedstaaten zu erzwingen, nicht in Kraft treten.

Kurzfristige Finanzflüsse sollen besteuert und reglementiert werden, damit weitere Angriffe spekulativer Art auf Landeswährungen verhindert werden können.

Die multilateralen Entwicklungsbanken, die staatlichen Exportkreditinstitutionen und die Privatbanken müssen verbindliche Richtlinien einführen um sicher zu stellen, dass ihre Projekte die Bestimmungen internationaler Gesetze betreffend Umweltschutz, Arbeitsrecht und Menschenrechte erfüllen. Regierungen sollen den allgemeinen Rahmen für diese Normen setzen, z.B. als Teil des Rio+10- Prozesses.

Internationale Finanzinstitute sollen demokratisiert werden und ihren Stakeholder Rechenschaft ablegen müssen.

Sämtliche Handelsabkommen müssen internationale Normen hinsichtlich Umwelt und Menschenrechte einhalten.

Es dürfen keine weiteren Massnahmen zur Handelsliberalisierung umgesetzt werden, bevor nicht eine unabhängige Untersuchung über die Auswirkungen der bestehenden WTO Verträge in Bezug auf Menschenrechte, soziale Gerechtigkeit und die Umwelt vorliegt. Diese Untersuchung muss speziell auf die Auswirkungen internationaler Handelsabkommen auf die Armen, auf Frauen, Kinder und indigene Bevölkerungsgruppen gerichtet sein.

Auf die ärmeren Länder darf kein Druck ausgeübt werden, ihre Märkte zu öffnen, weder durch multilaterale Institutionen noch durch bilaterale Abkommen.

Die Patentierung jeglicher Lebensformen, Mikroorganismen, Gensequenzen, Zellen, Zellenfolgen, Proteinen oder Samen darf nicht zugelassen werden.

Ausblick

So lange die Wirtschaftspolitik an Zusammenkünften privater Eliten wie der Jahresversammlung des Weltwirtschaftsforums ausgearbeitet wird, bleibt das Auge der Öffentlichkeit auf Davos gerichtet, wird Public Eye on Davos bestehen.

Infos zum diesjährigen Public Eye: Erklärung von Bern, Postfach 177, 8031 Zürich. Tel. 01 277 70 00 oder auf der homepage der EvB: www.evb.ch


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