Was ihm am Abend jenes 26. Novembers des letzten Jahres durch den Kopf gegangen sei, will ich als Erstes von Toni Bernet wissen. Das war der Tag, an dem die Umverteilungsinitiative an der Urne abgelehnt wurde und an dem damit seine politische und berufliche Hauptbeschäftigung der letzten Jahre zu Ende ging. Er sei schon etwas enttäuscht gewesen, sagt Toni Bernet. Zwar habe er nicht mit einer Annahme der Initiative gerechnet, aber doch ein besseres Resultat erwartet. Und im Rückblick sei es auch bitter, sich daran zu erinnern, dass während der ganzen Kampagne immer wieder die Mittel und Kapazitäten gefehlt hätten, die für einen Erfolg nötig gewesen wären.
Und ganz persönlich? Wie hat er sich gefühlt an jenem Abend? Ja, er habe damals auch eine gewisse Erleichterung gespürt, gibt Toni Bernet nach einigem Zögern zu. Darüber, dass ein politisches Projekt seinen Abschluss fand, das ihn in den vergangenen Jahren doch immer mehr mit Beschlag belegt hatte. War Toni Bernet in den Anfängen der Umverteilungsinitiative (die damals noch Halbierungsinitiative hiess und vom Parlament für ungültig erklärt wurde) noch als Privatperson engagiert gewesen, bereitete er seit 1997 als Angestellter des Initiativkomitees die Abstimmungskampagne vor.
Toni Bernets Antworten auf meine Frage fielen natürlich in Wirklichkeit sehr viel ausführlicher aus. Wie immer, wenn er spricht, musste er auch diesmal nur kurz nachdenken, um anschliessend eine fast druckreife politische Analyse zu liefern. Darüber zu sprechen, weshalb der Umverteilungsinitiative letztlich kein Erfolg beschieden war, behagte ihm dabei deutlich mehr. Toni Bernet dazu zu bewegen, etwas über sich persönlich ins Mikrofon zu sprechen, ist schon schwieriger. Obwohl er sich seit bald zwei Jahrzehnten in allen wesentlichen Projekten der Friedenspolitik engagiert, steht Toni Bernet selten selbst im Mittelpunkt friedenspolitischer Diskussionen oder Veranstaltungen.
Bei Erscheinen dieser FriZ wird Toni Bernets offizielle Tätigkeit für die Friedenspolitischen Initiativen und die Arbeitsgemeinschaft für Rüstungskontrolle und ein Waffenausfuhrverbot (ARW) beendet sein und hoffentlich hat er bis dann auch die (inoffiziellen) Aufräumarbeiten hinter sich. Zum Zeitpunkt unseres Gesprächs jedenfalls pendelte er noch immer mehrmals pro Woche von Zürich nach Bern, um im FriPo- Büro an der Gerberngasse auszumisten und einzupacken.
Daneben habe er aber bereits wieder mehr "Luft", um seinen vernachlässigten Freizeitbeschäftigungen nachzugehen, freut sich Toni Bernet. Und hofft, dass er auch in Zukunft wieder vermehrt in die Berge zum Touren, Klettern und Wandern kommt. Oder die Flöte aus der Ecke hervorholen mag. Oder die Renovierungsarbeiten am eigenen Haus fortsetzen...
Aber auch seinem zweiten beruflichen Standbein (das für viele in der Friedenspolitik Engagierte nach wie vor unerlässlich ist) kann er sich wieder entspannter widmen: dem Erteilen von Computerkursen und dem Erledigen von Aufträgen als freier Layouter. Bis auf weiteres will sich Toni Bernet damit den Lebensunterhalt verdienen. Und er kann sich durchaus vorstellen, diese Tätigkeiten zur Vollbeschäftigung auszubauen, zum Beispiel ergänzt durch eine Weiterbildung im Webbereich. Genauso sei es aber auch möglich, dass er in einem Jahr wieder in der Kampagnenarbeit für eine NGO tätig sein werde. Unter Umständen sogar wieder im Bereich der Friedenspolitik. Zentral für seine berufliche Zukunft ist ihm aber auf jeden Fall die Idee der Selbstverwaltung am Arbeitsplatz.
Die Grundlagen für sein Computer-Know-how hat sich Toni Bernet bereits in den 80er-Jahren im Selbststudium angeeignet. Begonnen hat es am Gartenhof: Als Redaktionsmitglied der FriZ-Vorgängerin friedenszeitung erlebte und prägte er damals den Übergang vom quasi handgesetzten Layout zur Zeitungsproduktion am Bildschirm. Bald schon war er dann auch an anderen Arbeitsplätzen im linken Zürcher "Kuchen" ein gefragter Fachmann für die Umstellung aufs Computerzeitalter...
Wie aber kam der junge Glarner Toni Bernet überhaupt an die Zürcher Gartenhofstrasse? Über das Engagement in der alternativen Gruppe "w+i" in Glarus, die anfangs der 80er-Jahre die "Glärnisch-Ziitig" herausgab und deren Mitglieder sich auch der damals wieder auflebenden Friedensbewegung anschlossen. Da waren der Protest gegen die Waffenschau in Frauenfeld (1982), die grossen Ostermärsche (1983 und 1984), die Demonstrationen in Bern gegen die Nato-Nachrüstung (1981 und 1983) etc. Der Schweizerische Friedensrat in seiner damaligen Funktion als Dachorganisation sei die logische Anlaufstelle für einen jungen, friedenspolitisch interessierten Menschen aus den Bergen gewesen, erinnert sich Toni Bernet.
Allerdings blieb es bei ihm nicht beim Mitmachen: Nach dem Einstieg 1983 mit dem Projekt der "Friedenswoche", ergab sich fast von alleine die Mitarbeit in der Redaktionsgruppe der friedenszeitung; ihr gehört er zumindest als gern gesehener Gast noch heute an. Als angestellter Redaktor war er von 1991 bis 1997 für Inhalt und Produktion der friedenszeitung verantwortlich. In den Jahren davor hatte sich Toni Bernet auch immer stärker beim Schweizerischen Friedensrat engagiert. Seine "SFR-Karriere" begann 1986 mit Sekretariatsmitarbeiten und endete 1990 mit dem Interimspräsidium. Darüber, dass er dieses Amt bereits im Jahr darauf wieder abgeben und als Redaktor einsteigen konnte, sei er nicht traurig gewesen, sagt er im Rückblick: "Ich bin eher ein Macher." In der näheren Zukunft will es Toni Bernet jetzt aber erst einmal langsamer angehen lassen und ein bisschen Distanz zur Politarbeit gewinnen. (db)
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