Nebengedanken
Innert Tagen wurde Anfang August öffentlich wahrgenommen, was schon seit längerem offensichtlich war: In der Schweiz hat sich eine marginale rechtsextreme Subkultur entwickelt und diese wächst seit drei, vier Jahren. Zwar richtete sich der öffentliche Scheinwerfer nur auf die Naziskins und übersah vollständig die Holocaust-Leugner (noch nie so aktiv wie heute) und beachtete nur selten die rechtsextremen Ideologen und PolitikerInnen samt ihren Organisationen und Periodikas. Nur Roger Wüthrich, Anführer der völkisch-heidnischen Avalon Gemeinschaft, ergriff die Gelegenheit, seinen Führungswunsch öffentlich darzustellen. Politikfähig allerdings werden die Rechtsextremisten vorläufig nicht, ausser Blochers SVP gäbe noch mehr Rechtsextremisten eine politische Heimat.
Fast alles paletti also? Nein, im Gegenteil. Die ersten Reaktionen der Politikerinnen und Politiker auf die Naziskin-Umtriebe waren meist von exquisiter Einfallslosigkeit. Zuerst die ebenso gedankenlose wie demokratiefeindliche Forderung nach mehr Staatsschutz, dann jene nach einer Ausdehnung der Rassismus-Strafnorm, obwohl die bestehenden Strafnorm weder konsequent angewandt, noch annähernd ausgeschöpft wird. Zwar wurde gelegentlich zu Recht erwähnt, die SVP fördere mit ihren stetigen diffamierenden Kampagnen und ideologischen Anlehnungen an rechtsextremistische Parolen (zum Beispiel "Die Schweiz den Schweizern") das Anwachsen der braunen Szene, aber kaum jemand dachte öffentlich über politische Konsequenzen nach. Mit Ausnahme von Peter Bodenmann allerdings, der in einer Kolumne schrieb: "Die beste Medizin, damit Fremdenfeindlichkeit nicht überhand nimmt, sind neben einen guten Sozialpolitik der Ausschluss der Fremdenfeinde von der politischen Macht." Oder um es in den Worten des linken Stammtisches auszudrücken: SVP raus aus dem Bundesrat! Und damit das hurtig geht, wird Adolf Ogi nahegelegt, aus der SVP auszutreten.
P.S. Die nationalrätliche Diskussion zum Rechtsextremismus (angekündigt auf den 5. Oktober) findet nach Redaktionsschluss statt.
Hans Stutz, Journalist und Buchautor, beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Kriminalität, Rassismus und Rechtsextremismus. Er ist u.a. Verfasser der "Chronologie rassistischer Vorfälle in der Schweiz".
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