Die neue Agenda: Der Millenniums-Report

Im April dieses Jahres präsentierte UNO-Generalsekretär Kofi Annan seine Vorstellungen über die UNO im 21. Jahrhundert: Unter dem Titel "We, the people" – die Anfangsworte der UNO-Charta – fordert er die 188 Mitgliedstaaten auf, für eine bessere Verteilung der Früchte der Globalisierung zu sorgen. Anhand der 'Weltprobleme' Armut, Aids, Analphabetismus, Bevölkerungswachstum, Hunger, Klimaveränderung, Verstädterung, Waldsterben und Wassernot zeigt er die vielen Aufgaben auf, die von der Völkergemeinschaft gelöst werden müssen – und auch können. Von den Mitgliedsstaaten verlangt Kofi Annan ein verbindliches Aktionsprogramm mit konkreten Zielen.

Im Millenniums-Report plädiert der Generalsekretär für "humanitäre Interventionen" bei schweren und systematischen Menschenrechtsverletzungen: "Wenn es zu Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit kommt und friedliche Mittel ausgeschöpft sind" habe der Sicherheitsrat die Pflicht, im Namen der internationalen Gemeinschaft zu handeln – auch wenn dabei das Prinzip der staatlichen Souveränität verletzt werde. Bewaffnete Interventionen dürften aber immer nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Kofi Annan fordert aber zunächst die Entwicklung ‘kluger’ Sanktionen und reagiert damit auf die bisherigen UN-Embargos, unter welchen vor allem die Zivilbevölkerung zu leiden hatte. Sanktionen sollen zielgerechter geplant und angewandt werden und in erster Linie die Machthaber treffen.

Im Millenniums-Report fordert Annan ausserdem die Reform des Sicherheitsrates.

(mr)


"Agenda für den Frieden"

Boutros-Ghali unterscheidet in der Agenda für den Frieden vier Aufgabenbereiche zur Schaffung, Sicherung und Wahrung von Frieden.

• Mit der vorbeugenden Diplomatie (preventive diplomacy) sollen vertrauensbildende Massnahmen geschaffen werden um zu verhindern, dass Kontroversen und Krisen zu gewalttätigen Konflikte werden. Hierzu sollen vor allem auch Frühwarnsysteme geschaffen werden, die eine rechtzeitige Reaktion des Sicherheitsrates ermöglichen. Auf Wunsch der Konfliktparteien sollen auch vorbeugende UNO-Friedenseinsätze stattfinden, um eine Eskalation zu verhindern.

• Das Konzept der Friedensschaffung (peace making) sieht vor, mit friedlichen Mitteln (Vermittlung, Verhandlung, Internat. Gerichtshof) die Parteien zum Abschluss eines Waffenstillstands oder Friedensvertrags zu drängen. Bei Versagen der friedlichen Mittel soll die UNO auch militärische Mittel anwenden können. Boutros-Ghali spricht sich dafür aus, dass auch der Sicherheitsrat selber solche Einsätze beschliessen können soll, statt sie wie bisher an die Mitgliedsstaaten zu delegieren.

• Mit Hilfe von Blauhelmen, FriedensbeobachterInnen, PolizistInnen etc. soll die UNO zur Friedenssicherung (peace keeping) bei Abschluss eines Waffenstillstandes oder Friedensabkommens beitragen. Für die hier Einsatz leistenden fordert der damalige Generalsekretär eine spezielle Ausbildung.

• Nach der erfolgreichen Beilegung eines Konfliktes engagiert sich die UNO weiterhin in der Friedenskonsolidierung (post-conflict peace building). Aufgaben sind die Repatriierung von Flüchtlingen, die Entwaffnung, Entminung sowie die Versöhnungsarbeit.

Die Agenda spricht noch drei weitere Bereiche an, die reorganisiert werden sollen: Sicherheit des Personals, die Regionalisierung der UNO sowie Finanzierungsfragen.

Ein Hauptproblem der Agenda für den Frieden war und bleibt die Selektivität: die Aktionen der UNO blieben selektiv und konnten keine kollektive Sicherheit aufbauen. Ein zweites Problem liegt in der Zusammensetzung des Sicherheitsrates und dessen Entscheidungsbefugnissen (gerade in der Frage der Militäreinsätze). Gerade die Debatten um eine Demokratisierung der Entscheidungsstrukturen der UNO (und die grossen Finanzprobleme, die immer weniger Friedensmissionen und Blauhelme zulassen) haben dazu geführt, dass die Agenda für den Frieden nie umgesetzt wurde. Die Betonung der Notwendigkeit eines weiteren Engagements der Völkergemeinschaft im Konfliktgebiet auch nach einem Friedensabkommen ist aber ein Verdienst der Agenda.

(mr)

 


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