Militärausgaben und Rüstungsproduktion weltweit

Nach dem Ende des Kalten Kriegs führte der weltweite Einbruch der Militärausgaben zu einer ersten Konzentration in der Rüs-tungsproduktion. Das Ende dieser ´Durststreckeª und die Gesetze des freien Marktes haben die Globalisierung in diesem Bereich in den letzten Jahren noch einmal zusätzlich verschärft. Während die Rüstungsunternehmen sich aus ökonomischen Gründen weltweit zusammenschliessen, lassen die politischen Antworten der Regierungen darauf noch immer auf sich warten.

Sinkende Militärausgaben seit dem Ende des Kalten Krieges haben zu grossen Veränderungen in der Rüstungsproduk-tion und bei der Rüstungsindustrie weltweit geführt. Von 1987 bis 1998 gingen die Militärausgaben weltweit real (d.h. inflationsbereinigt) um rund ein Drittel zurück. Den grössten Einschnitt machte Russland, aber auch in den USA, Lateinamerika und Afrika erfolgten grosse Reduktionen der Militärausgaben. Die einzige Ausnahme bildet Asien, wo die Militärausgaben im gleichen Zeitraum um rund einen Viertel anstiegen.

Der Einbruch bei den
Militärausgaben…

Allerdings wurde der Sinkflug der weltweiten Militärausgaben in den letzten Jahren gebremst: Die zur Verfügung stehenden Angaben über die Rüstungsproduktion der 100 führenden Staaten (ohne China) zeigen, dass der Rückgang der Waffenproduktion 1995 endete und seither auf gleichbleibendem Niveau stagniert. Für das Jahr 1997 zeigen die Statistiken wieder eine leichte Zunahme und die ersten Angaben für 1998 deuten auf eine nur leichte Reduktion (-3,5%) hin. Zudem präsentierte die Clinton-Administration 1998 für die USA (deren Verteidigungshaushalt rund ein Drittel der weltweiten Militärausgaben ausmacht) erstmals wieder einen Budgetplan, der für die nachfolgenden Jahre jeweils eine Erhöhung vorsah. Auch Russ- land hat (bereits vor dem Tschetsche-nienkrieg) eine deutliche Erhöhung seiner Militärausgaben angekündigt, auch wenn die ökonomische Situation kaum eine Verwirklichung dieser Wunschträume in naher Zukunft zulässt.

…und eine weltweite
Konzentration der Rüstungsproduktion…

Die internationale Verlagerung der Rü-stungsproduktion hat die weltweite Hie-rarchie verstärkt, in der einige wenige Staaten dominieren. Schätzungen ergeben, dass die Rüstungsproduktion der zehn führenden Staaten 1996 rund 90% der Weltproduktion umfasste (ohne China). Die USA allein liefern dabei rund die Hälfte der weltweiten Rüstungsproduk-tion, während die beiden folgenden Länder, Frankreich und Grossbritannien, auf jeweils 10% kommen; danach folgen Deutschland, Japan und Russland mit jeweils etwa 4%.

In den 90er Jahre ging aber nicht nur die Rüstungsproduktion in den meisten Teilen der Welt zurück, sondern auch die Rüstungsindustrie selbst erfuhr tiefgehende Umstrukturierungen: Die grossen Rüstungskonzerne teilen ebenfalls ein immer grösseres Stück des Kuchens unter sich auf. Die Rüstungsverkäufe der 100 grössten Unternehmen zusammen beliefen sich 1997 auf 156 Milliarden US-Dollar, was mehr als Dreiviertel des weltweiten Rüstungsgüterumsatzes ausmachte. Die Umstrukturierungen im letzten Jahrzehnt haben zur Bildung von riesigen Rüstungskonzernen geführt, deren Jahresumsätze grösser sind als die Ver-teidigungsbudgets der meisten Staaten der Welt. Der weltgrösste Rüstungskonzern Lockheed Martin zum Beispiel verkaufte 1997 Rüstungsgüter im Wert von 18,5 Milliarden US-Dollar — ein Betrag, der im gleichen Jahr nur gerade von den Verteidgungsausgaben von zehn Staaten übertroffen wurde.

…führen zur Globalisierung der Rüstungsprodukion

Seit dem Beginn der 90er Jahre wird die weltweite Rüstungsproduktion durch drei Entwicklungen gekennzeichnet:

1. durch einen realen Rückgang (dies trifft vor allem auf die ersten Jahre zu).

2. durch eine zunehmende Konzentration in der Rüstungsbranche (wie sie v.a. in den USA von 1993 bis 1998 erfolgte)

3. durch eine zunehmende Internationalisierung (zunächst anfangs der 90er Jahre und in den letzten Jahren vor allem in Europa erneut).

Neben der Internationalisierung ist ein zweiter Trend auszumachen: die anhaltende Verlagerung der Produktionskapazitäten in der Rüstungsindustrie.

Diese Entwicklungen erschweren zunehmend die Anstrengungen der Regierungen, die Kontrolle über die Rüstungsproduktion zu behalten, und machen deshalb dringend weitergehende Strategien und Instrumente für die Überwachung und Kontrolle auch auf internationaler Ebene notwendig.

Der Konzentrationsprozess in der Rüstungsindustrie ist in vielen Ländern schon weit fortgeschritten. Weil die Grenzen des nationalen Wachstums erreicht sind, gleichzeitig aber die weltweite Konkurrenz zunimmt, steigt der Druck für internationale Zusammenschlüsse. Dies wiederum ruft die Frage nach der politischen Kontrolle von grenzüberschreitender Rüstungsproduktion auf. Die zunehmende Internationalisierung der Rüstungsproduktion verlangt vermehrt nach Übereinkommenen auf internationaler oder multilateraler Basis.

Quelle: SIPRI/SIPRI Yearbook 1999.
Zusamenfassung und Übersetzung: db.

Tabelle 1

Rang

Rüstungsunternehmen

Land

Umsatz (Mrd $) Rüstungsbereich

Umsatz Gesamt konzern

RB in%

Beschäftigte

1

Lockheed Martin

USA

18 500

28069

66

180000

2

Boeing

USA

14 500

45800

32

239000

3

British Aerospace

GB

10 410

13996

74

43400

4

General Motors GM

USA

7450

178174

4

-

5

Northrop Grumman

USA

7210

9153

79

52000

S

Hughes Electronics (GM)

USA

7100

17726

40

-

6

GEC

GB

6030

18180

33

71960

7

Raytheon

USA

4600

13673

34

119150

8

Thomson

Frankr.

4220

4570

-

-

T

Thomson-CSF (Thomson)

Frankr.

4220

6602

64

44840

9

TRW

USA

3800

10831

35

79700

10

General Dynamics

USA

3650

4062

90

29000

11

Litton

USA

3470

4176

83

31500

12

United Technologies

USA

3310

24713

13

180100

13

DCN

Frankr.

3040

3099

98

19280

14

Daimler Benz

BRD

2840

71536

4

300070

T

DASA (Daimler Benz)

BRD

2820

8815

32

43520

15

IRI

Italien

2680

22232

12

126930

T

Finmeccanica (IRI)

Italien

2410

8973

27

61240

16

Mitsubishi Heavy Industries

Japan

2250

25590

9

-

17

Rolls Royce

GB

2130

7098

30

42600

18

Aérospatiale Groupe

Frankr.

1990

9645

21

37090

19

Dassault Aviation Groupe

Frankr.

1870

3606

52

12580

20

Newport News

USA

1600

1707

94

18400

 

 

 

     

25

Rheinmetall

BRD

1310

3783

35

28510

T (47)

STN Atlas Elektr. (Rheinmetall)

BRD

710

712

100

4440

49

Eidg. Rüstungsbetriebe

Schweiz

640

740

87

4430

T (53)

Rheinmetall Ind. (Rheinmetall)

BRD

600

595

100

3460

60

Oerlikon-Bührle

Schweiz

520

2700

19

14830

Anmerkungen

Ein T in der Tabelle (T) steht für Tochterunternehmen.
In Klammern stehen die Namen der Muttergesellschaft.
Boeing fusionierte im August 1997 mit McDonnell Douglas (MDC). Die Angaben für Boeing
beinhalten auch die Daten von MDC.
Die Rüstungsumsätze von General Motors umfassen sowohl Hughes Electronics wie auch die
kanadischen Tochterunternehmen. Hughes Electronics hat sich im Dezember 1997 aus dem Rüstungssektor zurückgezogen.
Northrop Grumman fusionierte im August 1997 mit Logicon. Die Angaben für Northrop
Grumman beinhalten auch die Zahlen von Logicon.
Die Angaben für Raytheon beinhalten auch die Zahlen der zweiten Jahreshälfte der Texas
Instruments Defence Systems and Electronic Business, die im Juli 1997 übernommen wurden,
sowie einen Teil der Zahlen von Hughes Defense (aufgekauft im Dezember 1997).
General Dynamics erwarb 1997 folgende Firmen: im Januar 1997 ´Defence Systems and Armaments Systemsª von Lockheed Martin; im Oktober 1997 ´Advanced Technology Systemsª
von Lucent Technologies; im Dezember 1997 ´Computer Devices Internationalª von Ceridian.
Letztere beide Unternehmen wurden von General Dynamics 1998 vollständig übernommen.
Die Angaben beruhen auf Schätzungen.
Die Umsatzzahlen im Rüstungsbereich spiegeln bei japanischen Unternehmen eher neue
militärische Aufträge wieder als eigentliche Rüstungsverkäufe.
Rheinmetall übernahm 1997 STN Atlas Elektronik.
Oerlikon Bührle hat 1999 die Contraves Defence an die Rheinmetall-Tochter De Tec AG abgegeben.
Quelle: SIPRI
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