Mediennebel in Kosov@

Von Roland Brunner*

Auf dem Mist der Nachkriegsgesellschaft in Kosov@ wuchern die Medienprojekte. Lokale Radiostationen schiessen wie Pilze aus dem Boden. Dabei wuchert aber vor allem Unkraut. Statt dass nun die internationale Gemeinschaft als Gärtnerin den Wildwuchs eindämmen würde, trägt sie selber zur Verwirrung bei.

Der Publizist Shkelzen Maliqi hält fest: "Das Protektorat im Kosov@ baut auf einer Kooperation zwischen UNO, KFOR (inkl. Nato und russische Truppen) und der OSZE. (…) Aber das Verhältnis dieser drei Organisationen, besonders zwischen UNO und OSZE, ist nicht immer kooperativ. Während die OSZE zum Beispiel eine Mediengesetzgebung vorbereitet und damit die Grundlage für neue öffentliche Medien im Kosov@ legt, gründete die UNMIK im Alleingang Radio Television Kosovo (RTK) – ohne mit der OSZE oder lokalen Medienschaffenden und ExpertInnen im "Media Advisory Board" Rücksprache zu nehmen. Der neue Sender arbeitet ohne lokale Leute einzubeziehen und die ZuschauerInnen beklagen sich über die schlechte Qualität des Programms. Viele fühlen sich beleidigt, weil keine Medienschaffenden angestellt wurden, die 1989 von Belgrad aus den Diensten von Radio Television Pristina entlassen worden waren."1

Millionen für nichts

RTK besteht aus zwei Teilen: aus Radio Kosova und dem Fernsehen TVK. Während Radio Kosova durch den Einbezug lokaler MitarbeiterInnen in der Zwischenzeit an Profil und Bedeutung gewonnen hat, ist TVK immer noch frei von Bodenhaftung. Chef von TVK ist der Schweizer SRG-Präsident Eric Lehmann. In letzter Zeit tourt er um die Welt, um die benötigten Millionen für TVK aufzutreiben. Von mindestens 30 Millionen Franken ist die Rede. Lehmann denkt dabei – jenseit jeder Realität – auch an Konzessionsgelder in Kosov@ selber, an Werbeeinnahmen, an Unterstützung durch die Kosov@-AlbanerInnen in der Schweiz… Auf dem Bürotisch der Medienhilfe liegt ein "Projektantrag", mit dem 8 Millionen DM für RTK aufgetrieben werden sollen – 7,5 Millionen davon für Lehmanns TVK. Der Projektbeschrieb umfasst ganze zwei Seiten; eine davon ist das Budget. Nichts genaues über Programmstruktur, nichts über Projektziele, nichts über die lokale Mediensituation, über PartnerInnen vor Ort, über langfristige Strategien…

Wo bleibt der professionelle Journalismus?

Aber auch um den von der Schweiz finanzierten und von der Schweizer Stiftung Hirondelle betriebenen UNMIK-Sender steht es nicht besser. Die Berichterstattung von Blue Sky ist eine mittlere Katastrophe.2 Nehmen wir zum Beispiel die Nachrichten vom 7. März 2000: Während die Schlagzeilen von 40 Verletzten, davon 16 französischen KFOR-Soldaten sprechen, erwähnt die Meldung anschliessend nur noch zwei Verletzte. Adem Jashari, einer der Gründer der Kosovo Befreiungsarmee UCK, wird in der Schlagzeile als "Kosovar hero" bezeichnet, der mit "20 Mitgliedern seiner Familie sein Leben für die Freiheit des Kosovo geopfert hat"… Ist das professioneller Journalismus?

1 IWPR, International War & Peace Report Nr. 107, 14. Januar 2000
2 Mehr zu UNMIK auf der Homepage der Stiftung: www.hirondelle.org
* Roland Brunner ist Mitarbeiter der Medienhilfe Ex-Jugoslawien. Den vollständigen Text sowie weitere Artikel zur aktuellen Mediensituation finden Sie im neuesten medienhilfe-info. Zu beziehen bei: Medienhilfe Ex-Jugoslawien, Postfach, 8031 Zürich oder im Internet unter: www.medienhilfe.ch.

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