Flüchtlinge und Vertriebene in Afrika am Ende des 20. Jahrhunderts

Nach Angaben des UNO-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) und des amerikanischen Flüchtlingskomittees (USCR) lebten gegen Ende des 20. Jahrhunderts auf dem afrikanischen Kontinent mehr als 3 Millionen Menschen als Flüchtlinge im Exil und rund 9 Millionen als Vertriebene innerhalb ihrer Heimatländer.1

Von Roland E. Richter*

Der Flucht und Vertreibung dieser insgesamt etwa 12 Millionen Menschen liegen ausschliesslich politische Ursachen zugrunde. Darüber hinaus flohen jedes Jahr in Afrika Zehntausende vor Umweltkatastrophen wie Überschwemmungen, Wirbelstürmen, Dürren, Erdbeben oder Vulkanausbrüchen. Diese Umweltflüchtlinge sind das Ergebnis eines Zusammenwirkens von Naturkatastrophen und menschlichen Verhaltensweisen.2 Sozio-ökonomische Faktoren, insbesondere die Bevölkerungsexplosion, bei pa-rallel steigender Landknappheit trieben in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weitere Millionen von AfrikanerIn-nen in die Städte (Landflucht), Hunderttausende emigrierten als GastarbeiterIn- nen in andere Länder. Im Unterschied zu diesen nicht-politisch verursachten Mi-grationsbewegungen bringen sich politische Flüchtlinge fast ausnahmslos vor Kriegen in Sicherheit. Dabei suchen die allermeisten Afrikaner-Innen entweder innerhalb ihrer Heimatländer oder in Nachbarstaaten Schutz. Nur eine relativ sehr geringe Zahl von afrikanischen Flüchtlingen beantragt auf anderen Kontinenten Asyl.

Zwei Aspekte des Flüchtlingsproblems in Afrika werden im folgenden näher betrachtet. Erstens die Frage: "Wer ist ein politischer Flüchtling?" Zwischen der Definition des Flüchtlingsbegriffs und dem wahrgenommenen Ausmass des Flücht-lingsproblems besteht ein direkter Zusammenhang. Dies zeigt sich bereits deutlich in der statistischen Differenzierung in 3 Millionen "Flüchtlinge" und 9 Millionen "Vertriebene". Im Zusammenhang mit der Flüchtlingsdefinition muss eine afrikanische Besonderheit hervorgehoben werden, die auf eine Initiative der Organisation afrikanischer Staaten (OAU) zurückgeht: Die völkervertragsrechtliche Anerkennung kriegerischer Konflikte als Fluchtursache, die auf den anderen Kontinenten nicht gegeben ist.

Der zweite Aspekt betrifft die Lage der gegenwärtig insgesamt 12 Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen, die nur mittels eines geschichtlichen Rückblicks zu erklären ist. Fluchtbewegungen sind keine zufälligen Einzelphänomene, vielmehr ereigneten sie sich im Rahmen grösserer historischer Entwicklungsprozesse. Die Entkolonisierung, die Bildung neuer Nationalstaaten nach der Unabhängigkeit und die Demokratisierung seit dem Beginn der 1990er Jahre sind die drei historischen Prozesse, die von jeweils typischen Fluchtbewegungen begleitet wurden. Während der Entwicklungsprozesse traten ganz spezifische Typen von Kriegen, den Hauptursachen von Flucht und Vertreibung, auf. Die Folgen spiegeln sich in den aktuellen Flüchtlingsstatistiken wieder. Derzeit sind fast die Hälfte der 54 afrikanischen Staaten an der Verursachung teils grosser Flüchtlingsströme beteiligt. Die Mehrzahl der einzelnen Flüchtlingsprobleme dauert bereits Jahre oder gar Jahrzehnte an.

Begriffliche Erfassung von Flüchtlingsbewegungen in Afrika

Während "Flüchtlinge" nach dem Völkerrecht im Zufluchtstaat um Asyl nachsuchen und internationale Schutzbestimmungen geniessen können, haben "Vertriebene" als "innere Angelegenheit" der betreffenden Staaten keine vergleichbaren Rechte. Gemäss dem Prinzip der "Nichteinmischung" bekommen innerstaatlich "Vertriebene" nur dann Hilfe von aussen, wenn die Regierung zustimmt. Dagegen unterliegt ein Zufluchtstaat den völkerrechtlichen Verpflichtungen, die sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK)3 und – speziell in Afrika – der OAU-Flüchtlingskonvention4 ergeben.

Die Flüchtlingskonventionen definieren auch den Begriff "Flüchtling". Laut GFK ist ein "Flüchtling" eine Person, die "(…) aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich ausserhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt (…)". Die GFK knüpft den Flüchtlingsstatus einerseits an den Tatbestand der Verfolgung, andererseits an den Aufenthalt im Exil. Die OAU erkannte bereits in den 1960er Jahren den beschränkten Nutzen dieser Flüchtlingsdefinition im afrikanischen Kontext. Nicht die Flucht vor Verfolgung, sondern kriegerische Konflikte bildeten die Hauptursache des Flüchtlingsproblems in Afrika. 1969 verabschiedete die OAU eine eigene Flüchtlingskonvention, welche die GFK-Definition erweiterte: "Der Begriff ‚Flüchtling‘ findet auch Anwendung auf jede Person, die infolge einer von aussen kommenden Aggression, ausländischer Besetzung oder Fremdherrschaft oder schwerwiegender Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in ihrem Herkunftsland (…)" sich im Exil befindet. Das UNHCR legt seiner Tätigkeit in Afrika grundsätzlich diesen weiter gefassten Flüchtlingsbegriff der OAU zugrunde.

Beide Konventionen machen das Überschreiten einer internationalen Grenze zur Voraussetzung für den Flüchtlingsstatus. Hierin liegt das Hauptunterscheidungsmerkmal zu den erwähnten 9 Millionen innerhalb ihrer Heimatländer Geflohenen, die nicht als "Flüchtlinge" gelten und daher nicht in der UNHCR-Statistik erfasst werden. Bewusst wird im internationalen Sprachgebrauch für sie die Bezeichnung "innerstaatlich Vertriebene" ("Internally Displaced Persons") statt "Refugees" verwendet. Dennoch sind beide Migrationsarten auf die gleichen Ursachen zurückzuführen: kriegerische Konflikte. Weder das UNHCR, noch eine andere UN-Institution besitzen ein völkerrechtliches Mandat, Vertriebenen Hilfe und Schutz zukommen zu lassen. Erst auf der Grundlage von Einzelfall-Legitimationen durch übergeordnete UN-Gremien darf das UNHCR seine Dienste auch Vertriebenen anbieten.

Aktuelle Lage der Flüchtlinge und Vertriebenen

Die in der nebenstehenden Tabelle erfassten Flüchtlinge und Vertriebenen sind die am Ende des Jahrhunderts verbliebenen humanitären Folgen von Ent-kolonisierung, Nationalstaatenbildung und Demokratisierung. Diesen drei grös-seren historischen Entwicklungsprozessen können jeweils typische Flüchtlingsbewegungen zugeordnet werden, zu- meist verursacht von spezifischen Kriegstypen.

Die Umwandlung der britischen Kolonie Rhodesien in das unabhängige Zimbabwe schloss die Entkolonisierung in Afrika 1980 ab. Hatten sich Kolonialmächte geweigert, ihre Kolonien friedlich in die Unabhängigkeit zu entlassen, waren Entkolonisierungskriege entbrannt. Die Unabhängigkeitsbewegungen in solchen Gebieten sahen im bewaffneten Kampf gegen die Kolonialmacht die letzte Möglichkeit, die staatliche Selbstbestimmung zu erreichen. Mindestens 100 000 angolanische Flüchtlinge aus der Zeit des Un-abhängigkeitskriegs (1961–1975) konnten bis heute wegen fast ununterbro-chen anhaltender Kriegshandlungen nicht heimkehren.

Fluchtbewegungen während der Bildung neuer Nationalstaaten

Nach der Unabhängigkeit der Kolonien begann der schwierige Prozess der Bildung neuer Nationalstaaten. In vielen afrikanischen Staaten trat nicht eine Phase des Friedens, der Sicherheit und Stabilität ein. Die kolonialen Grenzziehungen hatten die willkürliche Zerteilung oder Zusammenfassung unterschiedlicher ethnischer, religiöser oder kultureller Bevöl-kerungsgruppierungen in den Staaten zur Folge. Die meisten afrikanischen Staaten sind Vielvölkerstaaten in Form von Nationalstaaten, in denen sich die Staatsbevölkerungen meist aus zahlreichen Minderheiten zusammensetzen. An dieser heterogenen Gesellschaftsstruktur entzündeten sich nicht selten Kriege.

Während der 1970er und 1980er Jahre überlagerten zwei weitere Konfliktfelder die politischen Entwicklungen auf dem Kontinent: In zahlreichen afrikanischen Kriegen gewährten westliche bzw. sozialistische Staaten den sich gegenüberstehenden Konfliktparteien militärische Unterstützung: Die Süd-Dimension des Ost-West-Konflikts. Im südlichen Afrika entfaltete die Apartheid-Politik Südafrikas ihre verheerenden regionalen Auswirkungen.

Mehrere Kriegstypen entstanden im Zu-ge der Konsolidierung afrikanischer Nationalstaaten. Da die OAU eine Anerkennung gewaltsamer Grenzverände- rungen in ihrer Charta ausschloss, gab es kaum zwischenstaatliche Kriege. Der äthiopisch-eritreische Grenzkrieg (seit 1998) hatte insgesamt 250 000 innerhalb der beiden Länder Vertriebene zur Folge. Zudem wies Äthiopien 45 000 EritreerInnen aus, umgekehrt flohen 20 000 ÄthiopierInnen aus Eritrea. Ähnlich selten versuchten Widerstandsbewegungen in Sezessions-Kriegen die Abspaltung eines Teilgebiets eines Staates zu erkämpfen. Aber in der nach Unabhängigkeit strebenden senegalesischen Provinz Casamance entflohen Tausende Menschen dem gewalttätigen Konflikt.

Drei Okkupations-Kriege, in denen afrikanische Staaten angrenzende Gebiete widerrechtlich besetzten um deren staatliche Selbständigkeit zu verhindern, haben hunderttausende Menschen vertrieben. Während die Kriege in Namibia (1966-88) und Eritrea (1961-91) zu deren Unabhängigkeit führten, bleibt die Westsahara auch nach Beendigung des Kriegs (1975-91) weiterhin von Marokko okkupiert. 188 000 Sahrawis warten im Exil auf eine Lösung. Ebenso sind über 340 000 EritreerInnen noch nicht heimgekehrt.

Im Zuge der nationalstaatlichen Konsolidierung kam es häufig zur Monopolisierung der politischen Macht durch Militärdiktaturen oder Einparteienregime, abgestützt in Ethnien, aus denen die jeweiligen Präsidenten stammten. Sie mussten ihre Macht oft gegen konkurrierende oppositionelle Herrschaftsansprüche seitens ausgegrenzter Ethnien verteidigen. Kriegen zwischen Regierungstruppen und Guerillabewegungen folgten Flucht und Vertreibung. Diese innerstaatlichen Machtverteilungs-Kriege sind der in Afrika weitaus häufigste Kriegstyp, missverständlich oft als "Bürgerkriege" bezeichnet. Alle Flüchtlinge aus und Vertriebenen in Djibouti, Mali, Sudan, Tschad und Uganda sind solchen Konflikten zuzuordnen. In Äthiopien, Angola, Burundi und Kongo-Kinshasa werden gleichartige Flüchtlingsprobleme von neuen Fluchtwellen aus den 1990er Jahren überlagert. Eine andere Variante der Machtabsicherung verfolgte die Regierung Mauretaniens 1989/90 mit ihrer ethnisch geprägten Homogenisierungspolitik: Noch immer befinden sich 66 000 schwarzafrikanische Maureta-nierInnen aufgrund gezielter Menschenrechtsverletzungen im Exil.

Hegemonial-Kriege fanden nur im südlichen Afrika statt. Neben der völkerrechtlich illegalen Okkupation Namibias durch Südafrika (1966-89) wählte das 1994 überwundene Apartheidregime die direkte und indirekte militärische Destabili-sierung Angolas (1975–1989) und Mo-çambiques (1980–1992) als wesentliche Mittel zur Aufrechterhaltung der weissen Vorherrschaft am Kap. Millionen Ango-lanerInnen und MoçambiquanerInnen entflohen damals den Hegemonial-Kriegen. Während inzwischen alle Moçam-biquanerInnen heimkehren konnten, folgte in Angola dem Scheitern des Aufbaus eines demokratischen Systems das Wiederaufflammen des Krieges. Zehntausende AngolanerInnen bleiben weiter auf der Flucht.

Fluchtbewegungen im Zusammenhang mit der Demokratisierung

Seit Anfang der 1990er Jahre hat sich in Afrika mit der Auflösung des Ost-West-Konflikts und dem Ende der Apartheid eine völlig neue Lage ergeben. Die afrikanischen Diktatoren gerieten ohne ihre westlichen bzw. östlichen Partner zunehmend unter externen und internen Druck. Die lange unterdrückten Bevölkerungen forderten die Demokratisierung ihrer Länder. Die westlichen Geberländer knüpften ihre Entwicklungshilfe an die gleiche Bedingung. Wo es im Zuge der Demokratisierung gelang, militärische Konflikte zu beenden, setzte eine Repatriierung der Flüchtlinge und Heimkehr von Vertriebenen ein. Beispiele sind Äthiopien nach dem Sturz Mengistus 1991, die Unabhängigkeit Eritreas 1993 nach einem 30jährigen Krieg, die Selbständigkeit Namibias 1990, die Befriedung Moçambiques nach dem Friedensabkommen von 1992 und das Ende der weissen Vorherrschaft in Südafrika mit der Wahl Nelson Mandelas zum Präsidenten 1994. Ungeachtet der neuen weltpolitischen Lage schwelen in manchen Ländern innerstaatliche Kriege weiter, vor denen schon hunderttausende von Menschen geflohen sind (zum Beispiel im Sudan).

In einigen Staaten verursachte das Scheitern der Demokratisierung umfangreiche Fluchtbewegungen. Probleme entstanden oft durch die Bildung regional oder ethnisch gebundener Parteien. Demokratische Wahlen wurden in einigen Ländern bloss als eine andere Alternative zu den früheren innerstaatlichen Machtverteilungskriegen gesehen, die Macht zu erreichen bzw. zu halten. Mit der Demokratisierung traten zwei neue Kon-flikttypen auf. Die Vertreibung potentieller Oppositionswähler vor der Wahl sollte die drohende Wahlniederlage verhindern. Solchen "Kriegen" der Regierungen gegen oppositionelle Ethnien entflohen insgesamt weit über eine Million Menschen in Togo (1993), Kenia (1991-92; 1997) und Zaire (1992-93; 1996-97) – viele von ihnen konnten bis heute nicht heimkehren. In Ruanda verübte die Gefolgschaft der radikalen Hutu-Regierung 1994 einen systematisch vorbereiteten Genozid an Tutsi und gemässigten Hutu: Bis zu einer Million Menschen starben, 3 Millionen flohen vor den Mordkommandos bzw. aus Furcht vor Racheakten der vordringenden Tutsi-RebellInnen.

Manche Wahlverlierer zogen den Krieg gegen demokratisch gewählte Regierungen der parlamantarischen Opposition vor. Zur Aufnahme des bewaffneten Kampfs entschlossen sich 1992 die UNITA in Angola, 1993 die von Tutsi dominierte burundische Armee gegen die gewählte Hutu-Regierung und 1997 der abgewählte Militärmachthaber in Kongo-Brazzaville. Hunderttausende flohen, eine Lösung teils schon bestehender Flüchtlingsprobleme wurde verhindert.

In einigen Fällen überlagert ein Kampf um ökonomische Ressourcen die im Zu-ge einer gescheiterten Demokratisierung geführten Kriege. So in Angola (Diamanten, Öl), Zaire (Rohstoffe) und Kongo-Brazzaville (Öl), wo zudem das persönliche Machtstreben Einzelner einen wich- tigen Konfliktfaktor bildet. In Sierra Leo-ne (seit 1991) scheint der Kampf um ökonomische Ressourcen (Diamanten, Holz) das dominante Motiv des Kriegs zu sein. In Liberia (seit Ende 1989) wird der Kampf um ökonomische Ressourcen mit einer ethnischen Komponente ausgetragen.

Neue Kriegstypen seit den 1990er Jahren

In den 1990er Jahren entstand ein weiterer auf dem Kontinent neuer Kriegstyp, der sohenannte "Warlord-Krieg". Somalia versank nach dem Sturz des Diktators Siad Barre (1991) im Chaos konkurrierender Kriegsherren, deren Machtbasis in einzelnen Clans liegt. In oft wechselnden Allianzen kämpfen deren Milizen um die Vorherrschaft. Dabei haben sich die staatlichen Strukturen in Somalia vollständig aufgelöst. Hunderttausende Somalis befinden sich auf der Flucht vor den Kriegswirren. Auch der Krieg in Liberia zeigte zeitweise ähnliche Tendenzen, was die Auflösung staatlicher Strukturen anbelangt, nicht jedoch was die Unübersichtlichkeit der zerstrittenen Fraktionen betrifft.

Die zunehmende Internationalisierung von Kriegen in Afrika ist die jüngste Neuentwicklung im Kriegsgeschehen. Die Region Zentralafrika und hierbei insbesondere die Ereignisse in Kongo-Kinshasa geben Anlass zu grosser Besorgnis. 1998 entbrannte hier der am stärksten internationalisierte Konflikt, den Afrika in seiner Geschichte jemals verzeichnete: Acht afrikanische Staaten intervenierten mit eigenen Truppen (Angola, Namibia, Sudan, Tchad, Zimbabwe, Burundi, Ruanda und Uganda). Im Angola-Krieg birgt das Engagement Namibias zugunsten der Regierungstruppen gegen die UNITA das Potential einer weiteren Ausbreitung dieses Konflikts. Der Rückblick auf die 1990er Jahre zeigt ein sehr ambivalentes Bild: In keiner Dekade fanden in Afrika mehr Kriege statt, allein 30 neue brachen aus, Hauptursache der Flucht und Vertreibung von Millionen von Menschen. Eine gleiche Anzahl Konflikte konnte in dieser Zeit beigelegt werden, die Voraussetzung für die Repatriierung von rund 7 Millionen afrikanischen Flüchtlingen und die Heimkehr weiterer Millionen von Vertriebenen. Diese enorme Migrationsdynamik ist ein zentrales Merkmal des ausgehenden 20. Jahrhunderts.

Fussnoten

1 Eine länderspezifische Aufschlüsselung der Zahl der Flüchtlinge und Vertriebenen gibt die Tabelle auf Seite 14. Alle Angaben (Stand Ende 1998) stützen sich auf Statistiken des United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR) und des United States Committee for Refugees (USCR). UNHCR bzw. USCR legten für 1999 noch keine Daten vor. Grundlegende Veränderungen traten in Afrika bis Ende 1999 nicht ein.
2 Vgl. hierzu Roland E. Richter: Umweltflüchtlinge in Afrika - Naturkatastrophen und antropogene Einflüsse als Ursachen, in: Jürgen Scheffran / Wolfgang R. Vogt (Hrsg.): Kampf um die Natur – Umweltzerstörung und die Lösung ökologischer Konflikte, Darmstadt: Primus Verlag 1998, S. 42-73.
3 Convention relating to the Status of Refugees, Geneva 28.7.1951. Die Konvention trat am 22.4.1954 in Kraft. Ergänzung durch das Protocol relating to the Status of Refugees of 31 January 1967, New York. Dieses Zusatzprotokoll trat am 4.10.1967 in Kraft.
4 OAU-Convention Governing the Specific Aspects of Refugee Problems in Africa, Addis Abeba 10.9.1969. Die Konvention trat am 20.6.1974 in Kraft.

Literatur

Robert F. Gorman: Coping with Africa's Refugee Burden: a time for solutions. Dordrecht 1987.
Sven Hamrell (Hrsg.): Refugee Problems in Africa. Uppsala 1967.
Gaim Kibreab: Reflections on the African Refugee problem: A Critical Analysis of Some Basic Assumptions. Uppsala 1983.
Etienne-Richard Mbaya: La Communauté Internationale er les Movements des Populations en Afrique. Abidjan 1985.
Göran Melander/Peter Nobel (Hrsg.): African Refugees and the Law. Uppsala 1978.
Peter Nobel (Hrsg.): Refugees and Development in Africa. Uppsala 1987.
Roland Richter: Flüchtlingsfragen in Afrika – Zwangsmigrationen im Rahmen größerer Entwicklungsprozesse. Baden-Baden: Nomos-Verlag 1992.
Roland Richter: Subsaharisches Afrika, in: Peter J. Opitz (Hrsg.): Der globale Marsch – Flucht und Migration als Weltproblem, München: Verlag C. H. Beck 1997, S. 257-290.
Ricca Sergio: International migration in Africa: Legal and administrative aspects. Geneva 1989.
 
 
*Roland E. Richter arbeitet als freiberuflicher Politikwissenschaftler in München. Seine Forschungsschwer-punkte sind Flüchtlinge in Afrika, Umweltflüchtlinge und Landkonflikte in Tanzania.

Flüchtlinge und Vertriebene in Afrika

Heimatland

Flüchtlinge

Vertriebene

Kriege als Hauptfluchtursachen

Äthiopien

40 000

150 000

1961-1991, seit 1998

Algerien

-

100 000-200 000

seit 1992

Angola

302 000

1-1,5 Mio.

1961-1989, 1992-1994, seit 1998

Burundi

481 000

500 000

1972-1973, 1988, seit 1993

Kongo (Brazz.)

20 000

250 000

seit 1996

Kongo (Kinsh.)

136 000

300 000-500 000

1977, 1978, 1996-1997, seit 1998

Djibouti

3000

-

1991-1994

Eritrea

322 000

100 000

1961-1991, seit 1998

Ghana

11 000

20 000

Landkonflikt

Guinea Bissau

10 000

200 000

1998

Kenia

8000

200 000

1992-1993, 1997-1998

Liberia

310 000

75 000

1989-1996

Mali

3000

-

1990-1994

Mauretanien

30 000

-

Ausweisung

Nigeria

1000

3000

seit 1996

Ruanda

62 000

500 000-650 000

1959-1961, 1963-1964, seit 1990

Senegal

10 000

10 000

seit 1990

Sierra Leone

480 000

300 000

seit 1991

Somalia

420 000

250 000

seit 1988

Sudan

352 000

400 0000

seit 1983

Tschad

16 000

-

seit 1966

Togo

3000

-

1993

Uganda

12 000

400 000

seit 1996

Westsahara

105000

-

1975—1991

Insgesamt

3 101 000

8 358 000-9 308 000

1Stand Ende 1998, nach Herkunftsländern (nur Länder mit mehr als 1000 Flüchtlingen oder Vertriebenen, Zahlen gerundet auf Hundert)
2Keine Flüchtlinge/Vertriebene bekannt
3Ohne etwa 450 000 EritreerInnen in Äthiopien. Im Zuge des äthiopisch-eritreischen Grenzkriegs wurden 1998 rund 45 000 EritreerInnen aus Äthiopien deportiert.
Quelle: Berechnung Roland Richter und Zusammenstellung nach Daten des UNHCR und USCR.

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