Kolumne aus Nr. 1/2000

Wo warst du? Max.

Von Jürgmeier

Wann hast du? Max.

Erfahren. Was damals.

"Als der Krieg zu Ende."

Sagst du. Und konntest

Doch. Was vor sich.

Jenseits der nahen.

Konntest noch alles.

Was geschrieben.

Auch das. Das vor allem.

Damals.

Wir aber bekommen die Nachrichten

Aus den kleinsten, den fernsten,

Aus allerundaller Herren Betten,

Mit Kelloggs und Kelly Family,

Täglich, stündlich, bekommen sie

Alle paar Minuten, mit Musik begossen,

Mit Tausenden von Farben gepantscht,

Bekommen sie aufgeödet, bis

Uns das mondiale Wehklagen

Der Hühnerhöfe einschläfert.

Wo. Max. Warst du? Damals.

"Aktiv im Dienst des."

Gibst du zu Protokoll.

An der Grenze.

Mit Blick auf.

Und wusstest doch.

Konntest die Schreie.

Ein Katzensprung.

Wär’s gewesen.

Damals.

Wir aber bleiben diesen Sommer

Wieder einmal zu Hause, da ist es

Noch immer am schönsten, sind

Grad letztes Jahr in Kenia gewesen,

Ein Abstecher in die Schweiz Afrikas,

Ruanda, Besichtigung der Kirche

Von Kanzenze1 inbegriffen, fahren

Nach Zermatt, auch die Kinder wollen,

Trotz der Löwenbabies in Serengeti,

Nicht schon wieder nach Afrika.

Was hast du? Damals. Max.

"Wir mussten." Klagst du.

"Schauen. Dass wir selber."

Und hättest doch. Bestimmt.

Noch ein Plätzchen.

Und. Vor allem. Zeit.

Selbst sechs Monate

Friedensdienst hätten.

Keine Lücken in der AHV.

Damals.

Wir aber brauchen, Menschenrecht, modernes,

Einen Raum für jedes Kind, die Frau und

Den Fernseher, die Welt ist grösser geworden,

Die Zeit knapper, nach Autobahnstau,

Gleitendem Arbeitsstress und Autobahnstau,

Nach Prämienvergleich, Taxidienst für das

Sportlich aktive Söhnchen, Autobahnstau,

Hamburger und Gigachat noch schnell den

Zwerghamster beim Analytiker geholt, dann, Autobahnstau, endlich der Coitus obligat.

Warum. Max. Hast du? Damals.

"Wir waren." Verteidigst

Du dich. "Eingeschlossen.

Rundum der Feind."

Und hättest doch keine Angst.

Vor Kürzung der Gratifikation.

Wärst. Hättest du nicht

Geschwiegen. Gehört worden.

Zumindest vom.

Damals.

Wir aber sind zu Figuren verkommen,

Wenn wir reden, rümpfen unsere FreundInnen

Die Nase, ob des humanitären Kitsches,

Verlachen die konservative Sozialromantik,

Stopfen sich ein Tartarbrötchen mit Kapern

Zwischen die Zähne und lassen sich die Fete

Nicht verderben, nicht von Leichen

In afrikanischen Flüssen, vergewaltigten

Mädchen an der Adria oder asiatischen

Hungerbäuchen, garniert mit Mayonnaise.

Wie konntet ihr? Max. Damals.

Unter der Sonne. Als ob nichts.

Den Geruch verbrannten.

Menschenfleisch in der.

"Das waren andere Zeiten."

Rechtfertigt ihr euch.

Und hättet doch. Denn ihr wusstet.

Was gut. Wusstet noch. Wer Freund.

Und wer Feind. Was böse.

Damals.

Wir aber hätten, wenn es wäre wie damals,

Längst eingegriffen, aber da sind keine Nazis,

Die uns stumm machten, wir schweigen

Aus Einsicht, die Welt geht hops, so und so, Schweigen aus freien Stücken, Fun statt

Ideologie, und können nicht wissen,

Was das für Fleisch ist, das voll zarte,

Billigstimport, dank offenen Grenzen,

Im Gegensatz zu E-Stoffen und GVO2

Ist KKF3 nicht deklarationspflichtig.

1) "Vor fünf Jahren starben in Ruanda in einem der schlimmsten Genozide der modernen Geschichte eine halbe bis eine Million Menschen. In der Kirche von Kanzenze zum Beispiel, südlich der Hauptstadt Kigali, metzelten Hutu in fünf Tagen 5000 Tutsi nieder, erst mit Macheten, dann mit Granaten, dass das Blut bis in die Giebel spritzte." Facts, 45/1999
2) genetisch veränderte Organismen
3) KKF = Kriegskinderfleisch

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