Halbe Armee zum gleichen Preis?

Die ArmeeplanerInnen wollen aus dem Vollen schöpfen: Die Armee 21, die sie nach den Vorgaben des neuen sicherheits-politsichen Berichts auf dem Reissbrett skizzieren, soll kein Fränkli billiger werden als die heutige. Die einzige Chance, Gegensteuer zu geben, ist die Umverteilungsinitiative.

Von Toni Bernet*

Zwei ausgiebige Debatten hat der Nationalrat in der Dezembersession zur Friedens- und Sicherheitspolitik geführt: Die Umverteilungsinitiative fand eine engagierte Unterstützung bei den VertreterInnen der SP und der Grünen, während die bürgerlichen NationalrätInnen sich mit wenig Argumentationsaufwand aufs Abschmettern konzentrierten (Abstimmungsergebnis 120 Nein- zu 62 Ja-Stimmen). Die Diskussion um den sicherheitspolitischen Bericht 2000 hat — um es zugespitzt auszudrü-cken — zum Entscheid geführt, dass sich die Schweiz an der internationalen Sicherheitspolitik beteiligen muss und Frieden und Sicherheit nicht an der Landesgrenze Halt machen ("ausdrückliche Zustimmung zum Bericht": 114 gegen 44 Stimmen); eine Minderheit äusserte deutliche Kritik am militärlastigen Kurs und warnte vor einer Natoisierung ("ausdrückliche Ablehnung zum Bericht": 31 gegen 103 Stimmen). Zufrieden konnte VBS-Chef Ogi die Ärmel wieder herunterkrempeln, nachdem er eine Mehrheit gegen die "gefährliche" Umverteilungsinitiative und für die "Interoperabilität der Streitkräfte" gefunden hatte.

Die fünf Säulen der Umverteilungsinitiative

Nicht weniger als 15 RednerInnen aus den Fraktionen von SP und Grünen traten am 9. Dezember für die Umverteilungsinitiative ein. Die Chancen und Möglichkeiten der Initiative fasste SP-Nationalrätin und Präsidentin der Umverteilungsinitiative, Barbara Haering zusammen: "Die Umverteilungs-Initiative steht auf fünf Säulen:

1. Die im europäischen Vergleich nach wie vor grotesk hohen Militärausgaben der Schweiz werden schrittweise auf 50% gesenkt, ausgehend vom Stand 1987. Mit dieser Bestimmung respektiert die Initiative die dem VBS in den letzten Jahren auferlegten Sparmassnahmen. Der Rückbau wird somit noch knapp 2 Mrd Franken statt wie ursprünglich geplant 3 Mrd Franken betragen.

2. Die beim Militär eingesparten Mittel werden zu einem Drittel in präventive Friedenspolitik — d.h. in den Aufbau und die Stärkung ziviler Gesellschaften und nachhaltiger Entwicklungen — investiert.

3. Ein zweites Drittel der eingesparten Gelder soll zur sozialen Sicherheit in unserem Land beitragen.

4. Geäufnet wird ein Konversionsfonds von 1 Mrd Franken, der die Umwandlung militärabhängiger Arbeitsplätze in zivile Beschäftigung unterstützen soll.

5. Die verbleibenden knapp 600 Mio Franken jährlich kommen zusätzlich der Sanierung der Bundesfinanzen zugute.

Der Umbau der Friedens- und Sicherheitspolitik darf sich nicht nur auf Armeekonzeption und Militärstrategien beschränken. Vielmehr muss er mit einer markanten Umverteilung von finanziellen, personellen und institutionellen Ressourcen — weg vom Militär, hin zu ziviler Konflikt- und Krisenprävention — einhergehen. Die Friedensdividende darf nicht nur zum Sanieren der öffentlichen Finanzen verwendet werden. Wir müssen sie in Rahmenbedingungen für nachhaltige und gewaltfreie Entwicklung investieren. Nur so werden wir mehr Frieden, mehr Demokratie und mehr soziale Sicherheit erreichen — und dies für mehr Menschen auf dieser Welt."

Stärkung aller zivilen Lösungsansätze

"Die Gelder müssen dorthin fliessen, wo sie am meisten für die Vorsorge bezüglich sozialer Krisen und weniger für die militärische Verteidigung verwendet werden", forderte Pia Hollenstein von den Grünen, "wir brauchen eine Stärkung aller Bestrebungen für zivile Lösungsansätze." "Gefragt ist nicht nur der Umbau der sicherheitspolitischen Strategien im engeren Sinn, sondern auch der Aussen-, Friedens- und Sicherheitspolitik im weiteren Sinn," hielt Boris Banga (SP) fest: "Dazu braucht es eine Umverteilung der Ressourcen."

Wie eng Umverteilung demgegenüber im VBS verstanden wird, liess sich aus der Debatte zum Sicherheitsbericht heraushören. Der Bericht selber spricht davon, dass die Schweiz gegenüber den Bedrohungen von gestern übermässig gerüstet, aber gegenüber den heutigen Herausforderungen schlecht vorbereitet sei, und er schlägt "gewisse" Umverteilungsschritte vor. Friedensförderung und Katastropheneinsätze seien in Zukunft die viel realeren Einsatzbereiche für die Armee als die Landesverteidigung, eine weitere zentrale Aussage des Berichts.

Ogi: Kein VBS-Franken weniger ab 2002

In der Debatte vom 22. Dezember sprach Bundesrat Ogi von einem "Kostenschlüssel 90 Prozent Verteidigung, 7 Prozent Existenzsicherung, 3 Prozent Friedensförderung". Dies seien die "Grössenordnungen, wie wir sie umzusetzen beabsichtigen". Der heutige Verteilschlüssel sieht so aus: 98 Prozent gibt das VBS für die Landesverteidigung aus und rund je ein Prozent für die anderen beiden Bereiche. Heute steckt das VBS rund 5 Milliarden Franken in die reine Landesverteidigung, in Zukunft sollen es immer noch 4,5 Milliarden sein! Das gesamte Militärbudget soll aber nach den Wünschen des VBS ab dem Jahr 2002 um keinen Franken kleiner werden.

Im Vergleich mit den wenigen bekannten Eckwerten, mit denen die PlanerInnen der Armee 21 arbeiten, ist eine riesige Umverlagerung der Mittel im Gang, die aber nichts an den friedens- und sicherheitspolitischen Prioritäten ändert: Drastische Kürzungen bei den Armeebeständen — von 150 000 gegenüber heute 360 000 Armeeangehörigen ist die Rede; die Dienstpflicht könnte mit 26 Jahren erfüllt sein; bei den Arbeitsplätzen und bei den Waffensystemen soll es eine Umlagerung hin zu Profisoldaten und zu neuen High-Tech-Rüstungen kommen. Eine halb so grosse Armee zum gleichen Preis wäre das ernüchternde Resultat. Die Umverteilungsinitiative, über die in der zweiten Jahreshälfte 2000 abgestimmt wird, setzt hier ein klares Gegensteuer und ermöglicht es, die freiwerdenden Mittel für sinnvolle Projekte einzusetzen.

*Toni Bernet ist Sekretär der Friedenspolitischen Initiativen


Die UNO-Beitrittsinitiative ist auf der Zielgeraden

Die UNO-Beitrittsinitiative, welche am 8. März 2000 eingereicht werden muss, wurde bisher von 90 000 Bürgerinnen und Bürgern unterschrieben. Die Initiative kann, aufgrund verschiedener Zusagen von Institutionen, Parteien und Einzelpersonen, erfolgreich eingereicht werden. Jede Frau und jeder Mann ist aufgerufen, nochmals einen Beitrag zu leisten. Bitte sprechen Sie Ihre Freunde, Bekannte, Angehörigen usw. auf die UNO-Beitrittsinitiative an und fordern Sie diese zur Unterschrift auf. Für das Gelingen unserer Sache ist es ausserordentlich wichtig, dass auch auf der Strasse Unterschriften gesammelt werden. Wenn Sie sich einer Gruppe von Unterschriften-SammlerInnen anschliessen wollen oder Verstärkung für eine eigene Aktion suchen, melden Sie sich bitte bei Patrick Loeb-Meyer (Tel. 076 317 24 64). Unterschriftenbogen, rückfrankierte Unterschriftenkarten, Argumentarien und weitere Unterlagen der UNO-Beitrittsinitiative können Sie unter Tel. 061 301 24 64 oder auf der Homepage www.uno-initiative.ch bestellen.


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